Eifersüchtig

Außer Kontrolle

von Rabbiner Abraham Weiss

»Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft«, schrieb Miguel de Cervantes. Eifersucht gehört zu den stärksten und am wenigsten kontrollierbaren Gefühlen. Oft braucht man gar keinen rationalen Grund, um eifersüchtig zu sein. Unbehandelt kann es zu einer Katastrophe in der Beziehung führen. Eifersucht verursacht Mißtrauen, Mißtrauen führt zu Haß, Haß bringt Zerstörung. Der Wochenabschnitt »Nasso« beschäftigt sich mit dem Gefühl, das oft genug in unserem Leben als ein Phantom auftaucht und sich nicht ohne weiteres verjagen läßt.
Die Tora bringt uns ein klassisches Beispiel: »Wenn den Mann der Geist der Eifersucht ergreift, sei es, daß er eifersüchtig auf seine Frau wird und sie ist wirklich entehrt, oder sei es, daß er zwar eifersüchtig auf seine Frau wird, aber sie ist in Wirklichkeit nicht entehrt, so soll der Mann seine Frau zum Priester führen« (4. Buch Moses, 5, 14-15). Die Schlüsselworte in unserem Text sind: »Der Geist der Eifersucht«. Es ist also ein Geist, der einen Menschen ergreift, ob er will oder nicht. Wie kann man bitte mit einem Geist (hebr. Ruach) kämpfen? Dieses Thema hat schon immer den Verstand unserer Gelehrten strapaziert. Ein ganzes Traktat im babylonischen Talmud – »Sota« – ist der Eifersucht gewidmet. Viel zu stark ist dieses Gefühl, um sich ihm zu widersetzen, viel zu zerstörerisch ist seine Wirkung, um es unbehandelt zu lassen.
Die Lösung, die die Tora vorschlägt, ist ein mystisches Ritual. Der Ehemann, lehrt die Tora, sollte ein Opfer aus Gerstenmehl bringen, ohne Öl und Weihrauch, als Symbol für gestörten Geist und verlorenes Gleichgewicht. Das Öl weist auf Wasser und Erde hin. Es steht für Wachstum undVeränderung. Der Weihrauch symbolisiert Luft und Feuer und damit Geist und Gefühle. Die Eifersucht vernebelt den Verstand. In so einem Zustand konnte man kein vollwertiges Opfer bringen, nur eine Zutat, die ohne andere Zutaten nicht verwendbar ist. Brot ohne Wasser, Feuer, Luft und Gewürze zu backen, ist schwierig.
Für die Frau wurde ein mystisches Getränk mit den vier Elementen, das so genannte Fluchwasser, zubereitet. Das Wasser wurde zuerst mit dem Weihrauch ge- heiligt, mit dem Staub gemischt und aus einem irdenen Gefäß getrunken. Sie sollte dann das Opfer ihres Mannes in ihre linke Hand nehmen, das Fluchwasser in ihre rechte Hand. Der Priester beschwor sie und versicherte, daß das Fluchwasser nur dann wirksam ist, wenn sie tatsächlich ihrem Mann untreu war. Falls sie nicht gesündigt hat, wird ihr das Fluchwasser auch nicht schaden. Sollte die Frau tatsächlich ihrem Mann untreu gewesen sein, würde diese Zusammenstellung der vier Elemente ein Fluch für sie sein und eine fürchterliche Wirkung auf ihren Körper haben. Denn durch ihre Untreue hat sie die Harmonie zerstört, das Vertrauen zwischen den beiden ist für immer verloren. Die Frau sollte die Worte des Priesters mit einem »Amen« bestätigen und das Fluchwasser trinken. Damit zeigt sie, daß sie unschuldig ist und heilt das gefährdete Uni- versum ihres Mannes. Die Harmonie ist wiederhergestellt, die Welt der beiden weder gestört noch verändert. Viel Negatives wurde über dieses Ritual geschrieben. Mit großer Empörung wird es in modernen feministischen Kreisen kommentiert. Die Tora stellt uns aber vor ein psychologisches Problem, das nur beide Seiten zusammen lösen können. Wir müssen uns nicht sofort einen eifersüchtigen Patriarch vorstellen, der seine Frau aus reinem Verdacht zu einer merkwürdigen und bestimmt unangenehmen Zeremonie zwingt. Vielleicht handelt es sich in unserem Text um ein liebervolles Paar, das wie viele andere Paare eine Krise erlebt, in der das Leben des einen Partners, egal ob Frau oder Mann, durch einen Geist verwirrt und gestört ist.
Die Gefühle kann man nicht immer beherrschen, noch weniger kann man sie mit dem Verstand erklären, ganz und gar nicht kann man sie verbieten. In so einem machtlosen Zustand brauchen wir die aktive Teilnahme des anderen, und in manchen Fällen sogar einer dritten Person. Was könnte für den eifersüchtigen Menschen ein besserer Beweis sein, als die Bereitschaft seines Partners, das Fluchwasser zu trinken? Die Teilnahme und Anerkennung des anderen würden bestimmt helfen, den Geist zu beruhigen und das Vertrauen wiederherzustellen. Anderseits das Problem unbehandelt zu lassen und das, was wir fühlen zu ignorieren, wird nur weitere Eskalationen und Konflikte verursachen.
Wir haben heute keinen Tempel, keine Priester, keine Opfer. Die Eifersucht ist aber immer noch da und muß geheilt werden. Wir brauchen auch die Rituale der Liebe, die unseren gefährdeten Beziehungen einen Weg zurück zueinander zeigen und die Vertrauen zwischen den Partnern wiederherstellen können. Was vor allem gebraucht wird, ist die Bereitschaft miteinander zu reden, zuzuhören und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Die Tora lehrt, wie wichtig es ist, die Gefühle zu pflegen und sie niemals leichtsinnig zu übergehen.

Nasso: 4. Buch Moses 4,21 - 7,89

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