Werkschau

Asche, Sand und Stroh

von Katharina Born

Seine Pariser Werkschau im Grand Palais hat Anselm Kiefer Paul Celan und Ingeborg Bachmann gewidmet. Das ist mehr als eine Geste. Die beiden Nachkriegsdichter repräsentieren mit ihrem poetischen Dialog und ihrer schwierigen Beziehung als Geliebte auf einzigartige Weise die Trauerarbeit nach der Schoa. Und auch Kiefers berühmte Bibliotheken aus Blei, die neueren Betonruinen und Pflanzen-skulpturen, Asche, Sand und Stroh, wie sie auch in Celans Gedichten auftauchen, verweisen in seinem Werk auf die immer wiederkehrende Problematik von Kunst nach Auschwitz. Zu dem eigens für die Ausstellung geschaffenen Zyklus »Sternenfall«, der rund 80 Werke auf 13.000 Quadratmetern Fläche umfasst, gehören unter anderem eine Installation zu Celans Gedicht Geheimnis der Farne und ein Bild zu Bachmanns Nebelland.
Die intensive Beschäftigung des 1945 in Donaueschingen geborenen Künstlers mit der deutschen Nachkriegsidentität und dem Schoa-Gedenken stieß in seiner Heimat häufig auf Unverständnis. Erst nachdem Kiefer Deutschland verließ und 1994 sein Ateliergelände in den südfranzösischen Cevennen bezog, gelang ihm, noch immer in der Auseinandersetzung mit Celan und Bachmann, eine weitergehende Beschäftigung mit der jüdischen Kultur. Insbesondere die Kabbala und die Erforschung des Kosmos wurden in der naturnahen Umgebung von Barjac zu seinen zentralen Themen.
Unter dem riesigen Kuppeldach des nach zwölfjährigen Restaurierungsarbeiten erst kürzlich wiedereröffneten Grand Palais wirken die bis zum 8. Juli zu sehenden monumentalen Werke Kiefers zunächst wie winziges Spielzeug. Zweihundert Meter lang und 45 Meter hoch ist die Glas- und Stahlkonstruktion. Erst beim Eintreten in die sieben Häuser, die Anselm Kiefer eigens für seine Skulpturen und Bilder gebaut hat, gewinnen seine Arbeiten ihren gewollt schweren, teilweise erschütternden Charakter wieder. Die Kuppel wirkt dann schließlich wie das natürliche Firmament, unter dem sich die Kraft der astrologischen Symbole, der Chiffren und lyrischen Zitate in Kiefers Werk erst zu entfalten scheint. Das trifft vor allem für die zentrale Arbeit »Sternenfall« zu, eine zutiefst beunruhigende Skulptur aus zersplitterten Glasscheiben, die zwischen komprimierten Bleibüchern stecken.
Die Architektur des Grand Palais, das wie der Eiffelturm ursprünglich für die Weltausstellung von 1900 gebaut wurde, kündigte in ihrer noch immer fast größenwahnsinnig wirkenden Dimension zwischen Tradition und Moderne bereits die gewaltigen Brüche des 20. Jahrhunderts an. Anselm Kiefer zeugt mit seinen Arbeiten auf einzigartige Weise vom Fortwirken dieser Brüche.

www.monumenta.com/2007

Krieg

Zwei Raketen aus Gaza auf Israel abgeschossen

Am Sonntagmorgen wurde Israel aus dem Gazastreifen mit Raketen beschossen. Eine Bekenner-Erklärung gibt es auch

 07.09.2025

Berlin

Uni-Präsidentin rechnet mit neuen »propalästinensischen« Aktionen

Die Präsidentin der Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal, rechnet zum Wintersemester erneut mit »propalästinensischen« Aktionen. Dabei seien unter den Beteiligten kaum Studierende

 07.09.2025

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025