US-Autor

Alles nur Fassade

Einen äußerst kritischen Blick auf die in US-Medien wie der New York Times gepriesene angebliche jüdische kulturelle Renaissance in Berlin wirft Gideon Lewis-Kraus in dem amerikanisch-jüdischen Kulturportal »nextbook«. Die vielen renovierten baulichen Zeugnisse jüdischen Lebens seien Fassade, schreibt der amerikanische Autor. Das gelte nicht nur für Touristenmagnete wie die ehemalige Synagoge in der Oranienburger Straße, die primär als Museum und Verwaltungsbau dient; auch ein tatsächlich religiösen Zwecken dienendes Bethaus wie die »höhlenartige« Synagoge in der Rykestraße ziehe weniger einheimische Juden an als ausländische Touristen. Selbst an Jom Kippur habe das Haus leer gewirkt, so klein sei die Zahl der Beter im Verhältnis zu der baulichen Übergröße.
Vor allem das ehemalige Scheunenviertel rund um die Oranienburger Straße mit seinen pseudojüdischen Einrichtungen wie dem Künstlerhaus Tacheles oder der Sushibar »Silberstein« nimmt der US-Autor ins Visier. Er attestiert ihm »gekünsteltes Gehabe«, das »weniger für die Berliner gedacht ist als für Besucher aus New York«. Seine jüdischen Landsleute sieht Lewis-Kraus auch als die eigentlichen Urheber der Misere. Es hätten sich in Berlin in den vergangenen Jahren eine Reihe New Yorker jüdische Künstler und Intellektuelle angesiedelt, die sich »als die natürlichen Erben der Weimarer Ära verstehen.« Vermeintlich in der Tradition von Erich Mendelssohn, Max Reinhardt und Else Lasker-Schüler versuchten sie, die deutsch-jüdische Symbiose wiederzubeleben. Das habe allerdings weniger mit dem realen Berlin zu tun, als mit dem für diese Leute unbefriedigenden Zustand des amerikanisch-jüdischen Lebens im Allgemeinen und des heimischen Kulturlebens im Besonderen, die als uninteressant und spießig empfunden würden. Berlin sei zur Projektionsfläche unerfüllter amerikanischer Träume geworden.
Dazu gehöre auch, dass die jüdische Gemeinde in Berlin oft abgetan werde als Haufen von eingewanderten Russen, die nur wegen der Segnungen des deutschen Sozialstaats im Land seien. Das, schließt Lewis-Kraus, könne ja so sein. Dennoch würden die 12.000 realen Berliner Juden auf Dauer nicht bereit sein, nur »Statistenrollen in der Inszenierung unserer Fantasien zu übernehmen.« mjw

www.nextbook.org

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025