Badische Studentenbund

Aktivposten

von Nadine Grzeszick

Dichter Nebel wabert über die Tanzfläche des Heidelberger Stadtgartens. Scheinwerfer in Blau und Pink blitzen auf. Gerade noch hat der DJ eine Technoversion der Fußball-Hymne »Samba de Janeiro« aufgelegt, da erklingen die ersten Takte eines israelischen Songs. Ein lautes Jubeln, und alle stürmen los. Wenn Hora getanzt wird, kann man nicht sitzen bleiben.
Eine kleine Papp-Klagemauer am Rande der Tanzfläche erinnert an den Jom Jeruschalajim – und damit an das Motto der Party, zu der der Bund jüdischer Studenten Baden (BJSB) vergangenen Samstagnacht eingeladen hat. Rund 150 junge Menschen sind gekommen. Eugene Balin, BJSB-Präsident und Jura-Student in Heidelberg, ist zwar erschöpft von den Vorbereitungen, aber zufrieden mit der Resonanz. »Ich freue mich, dass dieses Mal auch viele Studenten aus den anderen Bundesländern dabei sind«, sagt er.
Obwohl der BJSB erst im Dezember 2007 gegründet wurde, hat er sich schnell zum aktivsten jüdischen Studentenverband in Deutschland entwickelt. Zum ersten Stammtisch kamen bereits Dutzende Studenten, die meisten aus Heidelberg und Mannheim. Aber bei den monatlichen Treffen blieb es nicht lange. »Die Teilnehmer fragten, warum es nicht mehr Veranstaltungen für jüdische Studenten gibt«, erzählt Eugene. Also haben er und die beiden Vorstandsmitglieder Lilian Lax und Jonathan Walter nicht gezögert, und innerhalb kürzester Zeit einiges auf die Beine gestellt: Ob Purimfete, Chamez-Essen, Studentenschabbatot oder Vorträge. Von dem großen Einsatz überrascht, sicherte die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden ihre finanzielle Unterstützung zu.
Mit der Mischung aus religiösen Feiern, Partys und Smalltalk-Abenden hat der BJSB bei vielen Studenten den richtigen Nerv getroffen. »Das Tolle ist, dass alle Treffen so ungezwungen ablaufen«, sagt die 25-jährige Anna Bitmann, die in Karlsruhe studiert. »Hier kann man sich einfach mal nur so austauschen. Es ist wie in einer großen Community.« Annas Meinung teilen viele der Gäste: Bei angenehmen 23 Grad haben sie sich zum Quatschen nach draußen verzogen.
Einen Studentenverband in Baden zu gründen, lag nahe. Denn wie Eugene schätzt, wohnen alleine in Heidelberg rund 150 Juden im Alter von 18 bis 35 Jahren. Aber der 25-Jährige ist überzeugt, dass auch in anderen Regionen Deutschlands Studentenverbände noch viel aktiver werden können, wie die vielen Party-Gäste aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern beweisen.
Adrian Strack zum Beispiel ist aus Mainz angereist. Den Badener Stammtisch besucht er öfters, allerdings auch gezwungenermaßen: »In meiner Region gibt es zwar unheimlich viele Angebote für Jugendliche und Senioren. Für die Generation dazwischen gibt es aber fast gar nichts.« Und deswegen ist Adrian auch gekommen, obwohl er inzwischen 41 Jahre alt und schon lange kein Student mehr ist. Das stört hier keinen. Auch Vizepräsidentin Lilian Lax ist überzeugt, dass es in Deutschland noch viel zu wenig Angebote für jüdische Studenten gibt. Ändert sich nichts, könnte das laut Eugene Balin böse Folgen haben: »Wenn man die Studenten nicht an das jüdische Leben bindet, gibt es auch keine jüdische Zukunft.«
Dass Studenteninitiativen Erfolg haben können, hat Eugene bei Auslandsaufenthalten in Boston und Aix-en-Provence festgestellt. Treffen jüdischer Studenten wa- ren dort eine Selbstverständlichkeit. Natürlich kann man Boston, dessen Gemeinde fast 200.000 Mitglieder zählt, nicht mit Heidelberg oder Mannheim vergleichen. Eugene sieht trotzdem ein Potenzial: »Es kommt nicht nur auf Quantität, sondern auch auf Qualität an«, sagt er lächelnd.
Die Menge allein macht’s nicht – das bestätigt auch der 28-jährige Nicolas Smolarksi aus Paris. 500 Kilometer hat er zurückgelegt, um die Party in Heidelberg zu besuchen. Und er ist keineswegs enttäuscht: »Wenn man in Paris als Neuankömmling eine jüdische Studentenveranstaltung besucht, findet man nicht leicht Zugang. Aber hier sind die Leute total offen, und man lernt Menschen aus allen möglichen Orten kennen«, sagt er begeistert.
Für die Zukunft hofft Eugene, dass der BJSB den anderen jüdischen Studentenverbänden weiterhin Impulse geben kann. Gerne würde der BJSB auch einmal mit ihnen gemeinsam eine Veranstaltung organisieren. Aber auch für Heidelberg hat er große Pläne. »Es wäre klasse, wenn wir hier ein jüdisches Studentenhaus einrichten könnten, ähnlich der Häuser der Studentenorganisation Hillel.« Dann hätten sie in Baden, und vielleicht auch darüber hinaus, endlich einen festen Ort für ihre »Community« – oder »Familie«, wie Eugene sagt.

www.bjsb.de

Kulturkolumne

Kafka und die Dubai-Schokolade

Wie für eine kurze Zeit des Nicht-Besserwissens ganz wunderbar alle Erwartungen zerdeppert wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  12.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025

Rechtsextremismus

Online-Talk: Musk wirbt erneut für AfD. Weidel rechnet mit Merkel ab

Mit positiven Aussagen über die AfD hat sich der US-Milliardär Musk bereits in den deutschen Wahlkampf eingeschaltet. Nun kommt es auf seiner Plattform X zum virtuellen Treffen mit der Parteichefin

 09.01.2025

Libanon

Parlament wählt Armeechef zum Staatspräsidenten

Es hat 13 Versuche gebraucht, nun gibt es endlich einen neuen Präsidenten. Die Hoffnungen auf einen Umschwung im Land sind groß

 09.01.2025

Menlo Park

Faktenchecker adé: Meta öffnet die Schleusen

Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Und das ist längst nicht alles

von Andrej Sokolow, Luzia Geier  09.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 9. bis zum 18. Januar

 09.01.2025

Berlin

Weidel trifft Musk zu Online-Gespräch

Der amerikanische Milliardär schaltet sich von den USA aus in den deutschen Wahlkampf ein und macht Werbung für die zumindest in Teilen rechtsextremistische AfD. Jetzt kommt es zum virtuellen Kennenlernen mit Parteichefin Weidel

 09.01.2025