Bezalel

Ästhetik des Zionismus

von Michael Wuliger

Nationale Kulturinstitutionen entstehen in der Regel auf dem Boden eines Staates. Im Falle Israels ist es anders: Den jüdischen Staat gibt es seit 57 Jahren; seine nationale Kunstakademie feiert dieser Tage bereits ihren hundertsten Geburtstag. 1906 gründete der bulgarische Hofbildhauer Boris Schatz in Jerusalem die Kunstgewerbeschule Bezalel, benannt nach dem biblischen Erbauer des Tabernakels. Das Institut sollte, so hatte es Schatz mit Theodor Herzl besprochen, drei Aufgaben gleichzeitig erfüllen: eine originär hebräische Kunst entwickeln, die zionistische Bewegung künstlerisch unterstützen und die darniederliegende jüdische Wirtschaft in Jerusalem ankurbeln. Die Synthese aus diesen drei Ansprüchen hieß Kunstgewerbe: Bezalel entwarf und produzierte zionistische Plakate und national-religiöse Artefakte, vom Schabbatleuchter über Teppiche mit biblischen Motiven bis zu Buch- einbänden. Stilistisch orientierte Schatz sich dabei an traditionellen akademischen und Volkskunstkonzepten. Die Moderne war ihm ein Greuel.
1929 mußte die Akademie wegen finanzieller Schwierigkeiten schließen. Boris Schatz starb 1932 als gebrochener Mann.
Drei Jahre später wurde Bezalel wiedereröffnet. Es waren vertriebene deutsch-jüdische Künstler und Kunsthandwerker, die jetzt das Institut prägten. Mit ihnen wechselte die künstlerische Richtung. Männer wie Josef Budko und Mordechai Ardon kamen aus der Tradition des Werkbunds und des Bauhauses. Funktionalität und klare Linien traten an die Stelle der von Schatz propagierten Ornamentalik.
Wirtschaftlich erfolgreich freilich war das neue Konzept auch nicht. Hätte nicht die internationale zionistische Frauenorganisation WIZO ab 1946 die Hälfte des Budgets übernommen, hätte Bezalel wieder schließen müssen. 1969 übernahm dann der Staat Israel das Institut.
Heute ist Bezalel eine weit über Israel hinaus renommierte Kunstakademie. In ihren Räumen auf dem Skopusberg in Jerusalem unterrichten 250 Dozenten rund tausend Studierende. Angeboten werden Studiengänge in Malerei, Bildhauerei, Architektur, Fotografie, Video- und Filmkunst sowie visueller Kommunikation. Der Schwerpunkt aber ist derselbe wie vor hundert Jahren – nur daß es heute nicht mehr Kunstgewerbe heißt, sondern Design. Auf dem Gebiet des Industrie-, Keramik- und Schmuckdesigns zählt Bezalel zur internationalen Avantgarde. Die Formen und Farben, die dort produziert werden, würden dem Traditionalisten Boris Schatz wahrscheinlich überhaupt nicht gefallen; trösten würde ihn aber, daß seine Gründung wider Erwarten doch noch ein Erfolg geworden ist.

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025