Frankreich

Ein Komiker voller Hass auf Juden

Stand bereits in der Vergangenheit mehrfach vor Gericht: der Komiker Dieudonné (M.) im April 2019. Foto: imago images/ZUMA Press

Offiziell wollte Dieudonné M’bala M’bala seine Anhänger im Netz über seine Ansichten zum »Déconfinement« informieren, zur Lockerung der Kontaktsperre, welche auch in Frankreich infolge der Corona-Pandemie verhängt worden war. Doch das war wohl nur ein Vorwand.

HETZE Denn große Teile der Videos, die der schlicht als Dieudonné bekannte Künstler in den vergangenen Tagen auf seinem YouTube-Kanal postete, sind nichts weiter als Hetze gegen französische und andere Juden. Unter den namentlich Genannten sind der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, die 2017 verstorbene Auschwitz-Überlebende und erste Präsidentin des Europaparlaments, Simone Veil, und der Sänger und Schauspieler Patrick Bruel.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dieudonné, der schon in der Vergangenheit wiederholt wegen antisemitischer Ausfälle bei öffentlichen Auftritten aufgefallen und auch von Gerichten verurteilt worden war, bezeichnete in den Clips Juden unter anderem als »Hurensöhne« und forderte seine Fans auf, gegen sie vorzugehen. Man müsse »diese Juden mal zur Ruhe bringen.«

Allein der YouTube-Kanal des Künstlers hat mehr als 426.000 Abonennten; die von ihm in den letzten Tagen geposteten Videos brachten es bis Mittwoch bereits auf mehr als eine halbe Million Aufrufe.

Im ersten, 16 Minuten langen Clip diskutiert der 54-Jährige auch die Kriegsschuldfrage und wirft anlässlich des 75. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs die Frage auf: »Wer hat wirklich diesen Krieg gewonnen? Ist es das französische Volk oder sind es die Rothschilds? Die Antwort darauf steht ja fest.«

HITLER In einem imaginären Zwiegespräch mit Ronald Lauder versucht Dieudonné dann, diesen davon zu überzeugen, dass es hilfreich wäre, wenn Jesus leibhaftig in die Welt käme. Jesus sei ja anfangs auch ein »kleiner Jude« gewesen, so Dieudonné.

Er habe dann aber lesen und zählen gelernt und sich gesagt, dass man die Leute nicht länger ausnehmen und für dumm verkaufen dürfe. Daraufhin entgegnet Lauder (mit der Stimme Dieudonnés): »Jesus, dieser Hurensohn, der hat mir 2000 Jahre lang das Geschäft verdorben, der schuldet mir noch Geld, der ist doch noch schlimmer als das Coronavirus!«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Kurz darauf äfft der selbsternannte Komiker auch noch mit sich überschlagender Stimme den Nazi-Diktator Adolf Hitler nach: »Juden! Juden! Sie haben mir den Krieg erklärt.« Einige Sekunden zuvor hatte Dieudonné angedeutet, der Jüdische Weltkongress habe genau dies 1939 getan.

In einem anderen, am Montag auf YouTube geposteten Clip, imitiert der Künstler die Holocaust-Überlebende Simone Veil. Sie sei ja jetzt in ihrem Ehrengrab im Panthéon in Paris auch in einer Art »Confinement«, möge aber doch bitte dem (2018 verstorbenen) Holocaustleugner Robert Faurisson vergeben. Dieudonné war eigenen Angaben zufolge mit Faurisson befreundet.

OPFER Am Dienstagabend legte M’bala M’bala noch einmal nach. In einem Video mit die Titel »Die jüdische Zensur« bezeichnete er zunächst den französischen Innenminister Christophe Castaner - in Anlehnung an Hermann Göring - als »Reichsmarschmall« und zeigte ihm sodann den Hitlergruß.

Anschließend lancierte er einen massiven Angriff auf die Union jüdischer Studierender in Frankreich (UEJF), die Hass gegen ihn verbreite, und forderte ihre Auflösung. »Wir sind, meine lieben Freunde, die Opfer eines Hasses von einigen fanatischen Juden«, sagte er. Man müsse diesen »stinkenden Organisationen« »in die Fresse pissen«, fügte er an.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die UEJF hatte die Betreiber sozialer Netzwerke dafür kritisiert, dass die Hassparolen Dieudonnés weiterhin nicht gesperrt würden.

JUSTIZ Der Dachverband der jüdischen Organisationen in Frankreich, CRIF, kündigte ebenfalls am Dienstag an, Strafanzeige gegen M’bala M’bala zu stellen - wegen Volksverhetzung, Holocaustleugnung und Verharmlosung des Völkermords an den Juden.

CRIF-Präsident Francis Kalifat erklärte, die Videos des Komikers hätten »überhaupt keinen humoristischen Hintergrund.« Auf einigen sozialen Netzwerken sind sie bereits gelöscht worden. Man werde nun die französische Justiz anrufen, damit sie sich »noch einmal gründlich« mit dem Fall Dieudonné befasse.

Auch M’bala M’bala will klagen. Er fühlt sich als Opfer.

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  21.04.2024

TV

Bärbel Schäfer moderiert neuen »Notruf«

Die Autorin hofft, dass die Sendung auch den »echten Helden ein wenig Respekt« verschaffen kann

von Jonas-Erik Schmidt  21.04.2024

KZ-Gedenkstätten-Besuche

Pflicht oder Freiwilligkeit?

Die Zeitung »Welt« hat gefragt, wie man Jugendliche an die Thematik heranführen sollte

 21.04.2024

Memoir

Überlebenskampf und Neuanfang

Von Berlin über Sibirien, Teheran und Tel Aviv nach England: Der Journalist Daniel Finkelstein erzählt die Geschichte seiner Familie

von Alexander Kluy  21.04.2024

Glosse

Der Rest der Welt

Nur nicht selbst beteiligen oder Tipps für den Mietwagen in Israel

von Ayala Goldmann  20.04.2024