Scientology

»Wir wollen sie hier nicht«

»Anonymous«: Weltweit – auch in Israel – demonstrieren maskierte Sekten-Gegner gegen Scientology. Foto: anonymos

Sie haben Großes vor im Heiligen Land. Nachdem Scientology in Israel jahrelang nur im Verborgenen agierte, will die Sekte nun ans Licht der Öffentlichkeit. Das einstige Alhambra-Theater im Herzen von Jaffa soll ihr neues nationales Hauptquartier werden. Mit einem überdimensionalen Schild über dem Eingang und mehr als 5.000 Quadratmetern Fläche. Nicht alle jedoch sind von den gewaltigen Plänen angetan. Am vergangenen Mittwoch brach in dem Gebäude, das derzeit renoviert wird, an mehreren Stellen Feuer aus. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Neun Bauarbeiter, die sich in dem sonst leer stehenden Haus befanden, wurden von Rettungskräften unverletzt geborgen.

Kritik Seit Jahrzehnten steht die Organisation, die sich selbst »Kirche« nennt und als offizielle Religion anerkannt werden will, in der Kritik. Topstars wie John Travolta und Tom Cruise bekennen sich zu der Lehre, die der Autor L. Ron Hubbard in den 50er-Jahren erfand.Viele Experten meinen jedoch, dass Scientology eine Sekte ist, die Menschen mit Gehirnwäsche und erpresserischen Methoden gefügig macht. Andere sagen, es sei nichts weiter als eine wohldurchdachte Maschinerie, die ihren Mitgliedern das Ersparte aus der Tasche zieht. Tatsächlich sind die Lehren von Scientology ebenso teuer wie wirr. Wer in der Hierarchie höhersteigen will, muss berappen. Für Neulinge gibt es Seminare zur Potenzialausschöpfung, vermögende Scientologen werden für hunderttausende Dollar in die Hubbard-Theorie eingeführt.

Nachbarn In Israel wollen viele nichts davon hören. Seit einer Weile bereits protestieren jüdische und arabische Bewohner der Gegend rund um die Haschikma-Straße gemeinsam, um den Einzug der Scientologen in das Alhambra-Gebäude zu verhindern. Sie veranstalten Demonstrationen, Vorträge und öffneten eine Facebook-Seite mit dem Titel »Stop Scientology in Israel«.
Joram ist einer von ihnen. Seinen vollen Namen möchte er nicht nennen. »Aus Sorge um das, was es nach sich ziehen könnte«, wie er erklärt.

Der 45-Jährige ist Vater von drei Kindern, vor zwei Jahren zog er in diese Gegend, um mit seiner Familie »in der Großstadt und gleichzeitig mit Arabern in friedlicher Koexistenz zu leben«. Nachdem bekannt wurde, dass die Käufer des alten Gebäudes zu Scientology gehören, begann Joram zusammen mit Nachbarn, den Protest zu organisieren. »Doch wir protestieren ausschließlich mit legalen Mitteln, mit dem Feuer haben wir selbstverständlich nichts zu tun«, betont er, »jegliche Form von Gewalt oder Sachbeschädigung lehnen wir ab«.

Dennoch wollen er und seine Mitstreiter versuchen, die Sekte vom Einzug abzuhalten. »Wir haben große Angst, dass in den Straßen Seelenfänger herumlaufen und unsere Kinder mit ihren Theorien locken. Wir finden das gefährlich und wollen diese Leute hier nicht.«

Reaktion Die Scientologen sehen das anders. Als Reaktion auf den Brand meldeten sich Mitglieder zu Wort und betonten, dass sie nach Jaffa ziehen wollen, weil sie dort »gegen die Drogen kämpfen und dabei helfen wollen, die krankende Gesellschaft zu heilen«. Man respektiere alle Religionen und wolle Teil der Gemeinschaft werden. Das 2007 erworbene Gebäude soll das größte Zentrum im Nahen Osten werden. Ein Promotionsfilm im Internet verspricht, dass allein »im öffentlichen Informationscenter stündlich hundert Besucher empfangen werden können«. 1980 wurde Scientology in Israel als Sekte eingestuft, seitdem darf nichts, was mit der Lehre zu tun hat, an öffentlichen Lehranstalten vermittelt werden.

Gegner Da sie seit Jahrzehnten lediglich im Verborgenen funktionierte, ist es selbst für Experten schwer einzuschätzen, wie viele Anhänger die Organisation im Land hat. Zu viele finden die »Anonymous«, die erklärten Gegner der Scientologen. Einen Anführer gibt es bei dieser Gruppe nicht, auch keinen regelmäßigen Treffpunkt. Einzige verbindende Merkmale sind die Ablehnung der Weltsicht der Sekte und die Maskierung der Mitglieder. Vor etwa zwei Jahren entstand die Gruppe im Internet, es gibt sie in der ganzen Welt, in Israel wird die Zahl der Aktiven auf etwa 50 geschätzt.

Anonymous heißt anonym, und so wollen sie sein. Sie treffen sich in Internetforen, Chaträumen, manchmal auch irgendwo außerhalb der virtuellen Welt im realen Leben. Dann sieht ihr Protest eher aus wie eine Party. Sie sind verkleidet, essen Kuchen, singen und tragen Anti-Schilder. Was das bringen soll? Im Internet wird das Phänomen so beschrieben: »Kein anderer Protest hat etwas bewirkt. Scientology wird immer mächtiger. Bei Anonymous jedoch wissen die Scientologen nicht, gegen wen sie kämpfen sollen. Es gibt kein Zentrum, keine Ansprechpartner. All ihre gewöhnlichen Methoden, Kritiker mundtot zu machen, scheitern.«

Mit dem Brand hätten sie nichts zu tun, steht auf der Internetseite als Reaktion auf das Geschehen in Jaffa. Der Protest jedoch solle weitergehen, so Anonymous. Denn: »Jahrelang haben wir euch beobachtet. Eure Kampagnen der Desinformation, eure Unterdrückung von Widerspruch. Anonymous hat daher entschieden, dass eure Organisation zerstört werden soll. Zum Wohle eurer Anhänger, der Menschheit und für ein paar Lacher.«

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