Finale

Ayalas Welt

Berlin ist eine merkwürdige Stadt. Ausgerechnet die geplante Abschaffung des Sargzwangs wird an derSpree als Meilenstein für die Integration von Migranten gepriesen. »Sarglos ins Grab!« – so feierte die Berliner Presse die Ankündigung des Integrationsbeauftragten Günter Piening, ab 2011 die Beerdigung von Muslimen auf zwei Friedhöfen in Gatow und Kreuzberg zuzulassen – und zwar im Leichentuch, ohne den bishervorgeschriebenen Sarg.

Und was, fragte ich mich sofort, ist mit den Juden? Schließlich werden Tote in Israel meist ohne Sarg beigesetzt, während der europäische Sargzwang die hiesigen Chewrot Kadischot zu Zugeständnissen nötigt. Juden in der Diaspora kommen in möglichst einfachen Holzsärgen ins Grab, ohne Nägel oder Beschläge, weil Metall dazu geeignet ist, Waffen herzustellen – und wenigstens unter der Erde soll Ruhe herrschen.

sarg-discount Doch offenbar können sich die Berliner Juden bald darüber freuen, dass demnächst auch für sie Holz überflüssig wird und sie nicht mehr zu »Sarg-Discount« müssen. Inzwischen hat der Integrationsbeauftragte nämlich angekündigt, dass selbstverständlich auch Juden und Hindus in Zukunft ohne Kiste in die Erde dürfen. Vorausgesetzt, dass der Friedhofsträger ein »gesondertes Feld für die sarglose Bestattung« ausweist und dass eine religiöse Begründung angegeben wird. Mal sehen, was sich demnächst auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße tut.

stolz wie bolle Egal. Ich bin zu jung, um jetzt schon darüber nachzudenken, wie ich einmal beerdig twerden will. Mich beschäftigt etwas völlig anderes: Die Abschaffung des Sargzwangs geht Berlin einher mit einem Integrationsgesetz, das eine stärkere Berücksichtigung »interkultureller Kompetenz« bei Bewerbungen um öffentliche Stellen vorsieht. Der Berliner Senat ist stolz wie Bolle auf das erste Gesetz dieser Art in der Bundesrepublik. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, warum. Berliner Schulkinder landen in Pisa-Studien regelmäßig auf den hinteren Rängen. Viele Migranten sind zu schlecht ausgebildet, um reale Chancenauf dem Arbeitsmarkt zu haben. Außerdem hat der Berliner Senat sowieso kein Geld für Stellen.

Wäre ich Türkin, würde ich mich maßlos ärgern über ein Integrationsgesetz, das Beerdigungen ohne Särge erlaubt, aber Schulen mit hohem Migrantenanteil keine zusätzlichen Lehrer bewilligt. Außerdem wundere ich mich, wieso eine sarglose Beerdigung religiös begründet werden muss. Was ist mit den Atheisten? Sollen die nun dafür herhalten, dass die Bestattungsunternehmen auch in Zukunft noch ein paar Holzkisten loswerden?

Frankfurt am Main

Bildungsstätte Anne Frank zeigt Chancen und Risiken von KI

Mit einem neuen Sammelband will sich die Institution gegen Diskriminierung im digitalen Raum stellen

von Greta Hüllmann  19.04.2024

Kunst

Akademie-Präsidentin gegen Antisemitismus-Klausel

»Wir haben ein gutes Grundgesetz, wir müssen uns nur daran halten«, sagt Jeanine Meerapfel

 19.04.2024

Jehuda Amichai

Poetische Stimme Israels

Vor 100 Jahren wurde der Dichter in Würzburg geboren

von Daniel Staffen-Quandt  19.04.2024

Antisemitismus

Zentralrat der Juden äußert sich zu Hallervordens Gaza-Video

Das Gaza-Gedicht des Schauspielers wurde in den vergangenen Tagen massiv kritisiert

 19.04.2024

Streaming

»Bros«: Zwei Trottel, eine Bar

Die erste rein hebräischsprachige und israelische Original-Produktion für Netflix ist angelaufen

von Ayala Goldmann  18.04.2024

Interview

»Deutschland ist eine neurotische Nation«

Bassam Tibi über verfehlte Migrationspolitik, Kritik an den Moscheeverbänden und Ansätze für islamische Aufklärung

von Christoph Schmidt  18.04.2024

Verschwörungstheorien

Nach viel kritisiertem Israel-Hass-Video: Jetzt spricht Dieter Hallervorden

Der Schauspieler weist die Kritik an seiner Veröffentlichung zurück

 18.04.2024

Venedig

Israelhasser demonstrieren bei Kunstbiennale

Die Demonstranten forderten einen Boykott israelischer Künstler

 18.04.2024

Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Der israelische Musiker Avi Avital verleiht Komponisten wie Bach oder Vivaldi einen unverwechselbaren neuen Touch

von Christine Schmitt  18.04.2024