Archäologie

Wer schreibt, der bleibt

Geritzt: antike Tonscherbe Foto: Sahm

Eine winzige Tonscherbe mit Keilschrift aus dem 14. Jahrhundert v.d.Z. wird von Jerusalemer Archäologen als die älteste jemals in der Heiligen Stadt gefundene Inschrift gefeiert. Die Scherbe mit dem »sehr kunstvoll« eingedrückten Keilschrift-Text wurde im Erdreich unter einem Turm aus der Zeit des Königs Salomon (10. Jahrhundert v.d.Z.) in der sogenannten Davidstadt südlich des Tempelbergs außerhalb der Altstadtmauern gefunden. Die Tontafel, knapp zwei mal 2,8 Zentimeter groß und nur einen Zentimeter dick, enthält die Worte »Du«, »später« und »tun« in Akkadisch, der damaligen »Weltsprache«.

Der Jerusalemer Assyrologe Wayne Horowitz und sein ehemaliger Doktorand Takayoshi Oshima, der heute an der Universität Leipzig lehrt, entzifferten den kurzen Text. Die Entdecker der Inschrift, Eilat Mazar, Gabriel Barkay und Zachi Zweig von der Hebräischen Universität Jerusalem, vermuten, dass die Tontafel im Besitz eines königlichen Haushalts war, zumal sie nahe der Akropolis des ältesten Teils von Jerusalem gefunden wurde.

Die bislang älteste in Jerusalem gefundene Inschrift ist die 600 Jahre jüngere »Hiskias-Inschrift«. Sie wurde in die Wand des Siloah-Tunnels in alt-hebräischer Schrift geritzt und pries den Durchbruch des in der Bibel erwähnten Wassertunnels. Sie wurde im 19. Jahrhundert gefunden und heute im Topkapi-Museum in Istanbul aufbewahrt.

post an den pharao Die jetzt gefundene Tonscherbe dürfte aus der gleichen Periode stammen wie die rund 380 Tafeln aus dem Archiv des ägyptischen Pharaos Amenhotep IV. in Amarna. Jener Pharao lebte im 14. Jahrhundert v.d.Z. Das Amarna-Archiv enthält diplomatischen Briefwechsel mit Königen aus dem Lande Kanaan und Syrien. Sechs Tontafeln stammen von Abdi-Heba, einem Herrscher in Jerusalem. Die Archäologin Eilat Mazar vermutet, dass die jetzt entdeckte Tafel ursprünglich dem Pharao in Ägypten zugeschickt werden sollte. Yuval Goren von der Universität Tel Aviv stellte fest, dass der Lehm, aus dem die Scherbe gebrannt wurde, aus der Gegend von Jerusalem stammt. Deshalb könnte sie auch Teil eines Archivs in Jerusalem gewesen sein, wo vielleicht Kopien der Briefe an den Pharao aufbewahrt wurden. Die Ägypter herrschten damals über die Region und hatten sich die lokalen Könige untertan gemacht.

Nach Angaben von Mazar bezeuge der Fund die Bedeutung Jerusalems in der späten Bronzezeit. Mangels bedeutender archäologischer Funde aus jener Periode in Jerusalem argumentierten manche Forscher, dass die Stadt kein wichtiges Zentrum gewesen sei. Mazar hingegen behauptet, dass der biblische König David die Stadt deshalb erobert habe, weil sie schon vor seiner Zeit eine wichtige Rolle spielte.

Die Ausgrabungen in der Davidstadt sind politisch höchst umstritten. Pro-palästinensische Organisationen bekämpfen sie, weil sie in angeblich unseriöser Weise jüdische Ansprüche auf Jerusalem seit der biblischen Epoche nachweisen sollen. Die jetzt gefundene Scherbe ist etwa 200 Jahre älter als der Exodus der Israeliten unter Moses aus Ägypten und beweist, dass es in Jerusalem vor König David andere Herrscher gegeben haben muss.

Frankfurt am Main

Bildungsstätte Anne Frank zeigt Chancen und Risiken von KI

Mit einem neuen Sammelband will sich die Institution gegen Diskriminierung im digitalen Raum stellen

von Greta Hüllmann  19.04.2024

Kunst

Akademie-Präsidentin gegen Antisemitismus-Klausel

»Wir haben ein gutes Grundgesetz, wir müssen uns nur daran halten«, sagt Jeanine Meerapfel

 19.04.2024

Jehuda Amichai

Poetische Stimme Israels

Vor 100 Jahren wurde der Dichter in Würzburg geboren

von Daniel Staffen-Quandt  19.04.2024

Antisemitismus

Zentralrat der Juden äußert sich zu Hallervordens Gaza-Video

Das Gaza-Gedicht des Schauspielers wurde in den vergangenen Tagen massiv kritisiert

 19.04.2024

Streaming

»Bros«: Zwei Trottel, eine Bar

Die erste rein hebräischsprachige und israelische Original-Produktion für Netflix ist angelaufen

von Ayala Goldmann  18.04.2024

Interview

»Deutschland ist eine neurotische Nation«

Bassam Tibi über verfehlte Migrationspolitik, Kritik an den Moscheeverbänden und Ansätze für islamische Aufklärung

von Christoph Schmidt  18.04.2024

Verschwörungstheorien

Nach viel kritisiertem Israel-Hass-Video: Jetzt spricht Dieter Hallervorden

Der Schauspieler weist die Kritik an seiner Veröffentlichung zurück

 18.04.2024

Venedig

Israelhasser demonstrieren bei Kunstbiennale

Die Demonstranten forderten einen Boykott israelischer Künstler

 18.04.2024

Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Der israelische Musiker Avi Avital verleiht Komponisten wie Bach oder Vivaldi einen unverwechselbaren neuen Touch

von Christine Schmitt  18.04.2024