Stuttgart

Miteinander reden

»Was glaubt ihr, wie viele Juden heute in Deutschland leben?« Wenn Meinhard M. Tenné diese Frage an Schüler stellt, bekommt er sehr unterschiedliche Antworten. Mal sind es 500.000, mal sind es eine Million und mehr. »Sage ich den Schülern, dass heute etwa 120.000 Juden in Deutschland leben, erübrigt sich die nächste Frage«, so der langjährige Vorstandssprecher der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW). Die nämlich, ob jemand einen Juden persönlich kennt. »Nicht nur Schüler, auch deren Eltern haben vermutlich nie mit einem Juden gesprochen, aber viele wissen, wie Juden aussehen, wie sie zu sein haben, wie sie sind«, sagt Tenné.

Miteinander sprechen, übereinander hören, voneinander lernen, das wollen die Initiatoren der kürzlich ins Leben gerufenen Einrichtung »Stuttgarter Lehrhaus – Stiftung für interreliösen Dialog«. Unter dem Dach des Lehrhauses, das seine Räume im Stuttgarter Paul-Gerhardt-Zentrum hat, werden das »Haus Abraham«, das »Forum jüdischer Bildung und Kultur« und die landeskirchliche Arbeitsgruppe »Wege zum Verständnis des Judentums« kooperieren. Weitere Initiativen, die sich dem interreligiösen Dialog verschrieben haben, werden dazustoßen.

Davidstern Auch das eigens entworfene Logo gibt Auskunft über das Ziel: In einem offenen Kreis treffen die Spitzen dreier Sprechblasen aufeinander. Der Davidstern symbolisiert auf blauem Grund die jüdische Religion, der Halbmond auf grünem Grund die muslimische, das Kreuz auf rotem Grund die christliche. »Dass wir die Stiftung gründen konnten, verdanken wir im Wesentlichen zwei Umständen«, erklärt Tenné. Zum einen verlor der vor sechs Jahren gegründete Verein »Haus Abraham« seine Räume im Tagungszentrum Kloster Denkendorf. Zum anderen wollte das Balinger Ehepaar Lisbeth und Karl-Hermann Blickle eine Stiftung zum interreligiösen Dialog gründen. »Wir erhoffen uns Synergieeffekte, durch die ein breites Publikum für den interreligiösen Dialog gewonnen werden kann«, so die drei Stifter unisono.

Laut Satzung stellt die Stiftung einerseits Räume für die Veranstaltungen zur Verfügung andererseits beteiligt sie sich finanziell und gestaltend an Veranstaltungen. »Wir knüpfen an die Tradition des Jüdischen Lehrhauses an, das es von 1926 bis 1938 in Stuttgart gab, verstehen uns aber ausdrücklich als Einrichtung, die sich dem Dialog der drei monotheistischen Weltreligionen stellt«, sagt Tenné.

Zwanglos Auch Martin Buber, einer der Gründungsväter des Lehrhausgedankens, habe das gegenseitige Verstehenwollen zwischen Juden und Christen zum Ziel gehabt. Schon das »Haus Abraham« habe mit Vorträgen und Diskussionen Muslime, Christen und Juden zusammengebracht. »Wir müssen endlich aus dem Zwang heraus, über jemanden zu reden, statt mit ihm«, sagt Tenné. Nach einem Gespräch über die Schöpfungsgeschichte bekannte ein Moscheevereins-Vorsitzender: »Ich wusste gar nicht, dass wir so viele religiöse Gemeinsamkeiten haben.«

Nicht die hohe Politik werde einen Wissens- und Sinneswandel bewirken, sondern die Basis. »Schon in der Schule, wo ich häufig als Zeitzeuge eingeladen bin, können wir Wissen und Erfahrungen vermitteln, ehe der Stammtisch greift«, sagt der Ehrenvorsitzende der IRGW. Deshalb werde man Jugendgruppen ins Lehrhaus einladen. Die Stiftung ist politisch ungebunden und keiner Religionsgemeinschaft verpflichtet. Den Stiftern geht es um Menschlichkeit und Toleranz. Voneinander hören, miteinander sprechen, über den anderen mehr wissen.

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