Meinung

Jom Kippur, die EU und die Synagoge im Dorf

Respekt für das europäische Judentum bedeutet keine Symbolpolitik

von Maram Stern  12.09.2018 12:50 Uhr

Maram Stern Foto: Marco Limberg

Respekt für das europäische Judentum bedeutet keine Symbolpolitik

von Maram Stern  12.09.2018 12:50 Uhr

Für den 20. September hat die österreichische EU-Ratspräsidentschaft zu einem informellen EU-Gipfeltreffen nach Salzburg geladen. Bereits am Vortag werden die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten zu einem informellen Abendessen anreisen.

Ein jüdischer EU-Parlamentarier aus Ungarn sowie einige wenige Vertreter jüdischer Organisationen haben jetzt harsche Kritik an Österreich geübt und der Regierung in Wien gar antisemitische Motive unterstellt, denn: Am 19. September ist Jom Kippur.

glauben Klar ist: Obwohl unter den Staats- und Regierungschefs der 28 teilnehmenden Länder keiner jüdischen Glaubens ist, kann es theoretisch sein, dass einige wenige Juden sich zwischen ihrer halachischen Pflicht, am höchsten jüdischen Feiertag zu beten und zu fasten, und ihrer Aufgabe, als EU-Beamte zum Gelingen des EU-Gipfels beizutragen oder als Journalisten darüber zu berichten, entscheiden müssen. Beides gleichzeitig geht nicht.

Klar ist auch: Niemand darf gezwungen werden, an einem hohen religiösen Feiertag zu arbeiten. Es muss für Juden, Christen, Muslime und Angehörige anderer Religionsgemeinschaften an solchen Tagen möglich sein, einen freien Tag zu bekommen.
Dennoch sollte man die Kirche (oder besser: die Synagoge) im Dorf lassen. Der Gipfel findet nicht an Jom Kippur statt, sondern am Tag darauf.

kritik Außerdem erscheint mir die Kritik daran etwas wohlfeil. Als jemand, der um die Schwierigkeit weiß, geeignete Termine für internationale Treffen zu finden, zu denen Dutzende Spitzenvertreter anreisen, finde ich die Kritik an der österreichischen Regierung nicht gerechtfertigt.

Respekt für das europäische Judentum macht sich doch nicht daran fest, ob auch das nichtjüdische Europa an Jom Kippur für ein paar Stunden den Betrieb einstellt. Genauso wenig, wie es für Christen und Muslime in Israel ein Problem sein sollte, wenn Premier Netanjahu am 25. Dezember eine Kabinettssitzung abhält. Europas Juden haben in ihrer Mehrzahl wirklich andere Sorgen. Und dagegen hilft reine Symbolpolitik nicht viel.

Der Autor ist stellvertretender Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses (WJC).

Justiz

Höcke wegen SA-Parole vor Gericht: So war der erste Prozesstag  

Schon mehrfach testete der AfD-Politiker die Grenzen des Sagbaren - nun muss er sich vor Gericht verantworten. Er sagte am ersten Prozesstag nicht aus. Seine Anwälte scheiterten mit Anträgen

von Stefan Hantzschmann  18.04.2024

München

Schoa-Verharmlosung: Amtsgericht verurteilt Ex-Grünen-Stadtrat

Bernd Schreyer wurde vom Amtsgericht München wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt

von Michael Thaidigsmann  18.04.2024

Sachsen

Gedenken an Opfer der Todesmärsche 1945

Ein Zeichen für Demokratie, Frieden und Menschlichkeit wird so gesetzt

 18.04.2024

US-Repräsentantenhaus

»From the river to the sea, Palestine will be free« als antisemitisch verurteilt

Die Parole ruft zur Vernichtung Israels auf, heißt es in der Begründung

 18.04.2024

Berlin

Frau beleidigt und verletzt

Der Täter soll ein judenfeindliches Lied gesungen haben

 18.04.2024

Capri

Baerbock: Iran muss weiter isoliert werden

»Zugleich darf es zu keiner weiteren Eskalation kommen«, sagt die Außenministerin

 18.04.2024

Kunstbiennale

Yael Bartana: »Wir haben so viel zerstört«

»Es ist eine messianische Zeit, in der wir leben«, so die israelische Künstlerin

 18.04.2024

Brandenburg

Keine Einigung auf Antisemitismusbeauftragten

Nun sollen sich die jüdischen Verbände auf Personalvorschläge einigen

 18.04.2024

Internet

Antisemitismus im Netz: Forscher sehen »riesige Dunkelziffer«

Aber in kodierter Sprache ist Judenhass in Online-Kommentarspalten weit verbreitet

 18.04.2024