Auszeichnung

Ehrung einer Umtriebigen

Eva Haller Foto: pr

Wer sich in Eva Hallers Wirkungskreis begibt und der Idee von Tikkun Olam etwas abgewinnen kann, ist, ehe er sich versieht, Teil eines Projekts. Eva Haller umgarnt ihr Gegenüber – wenn es sein muss, auch in mehreren Sprachen. Sie schafft Fakten und legt Termine fest.

Den Leuten um sie herum, ihrem Team, »ohne das all das nicht möglich wäre«, sind etwa 25 Prozent ihrer Pläne bekannt. Von den restlichen 75 Prozent ahnen sie nur und warten ein bisschen ängstlich aufs nächste Outing. Und so wird das Programm der Europäischen Janusz Korczak Akademie, deren Präsidentin Eva Haller ist, immer dichter.

New York 2009 hatte sie die jüdische Bildungseinrichtung gemeinsam mit Stanislav Skibinski, dem Direktor der Akademie, gegründet. Heute gibt es neben dem Münchner Standort zwei weitere »Janusz-Korczak-Häuser«, und zwar in Berlin und in Duisburg, wohin sie immer mal wieder fährt, damit auch dort alles läuft.

Überhaupt gehört das Reisen ganz natürlich zu ihrer Rastlosigkeit. Aber selbst das scheint schneller zu gehen als bei anderen Menschen. Gestern New York, heute Paris, morgen zu aller Freude wieder München, meistens mit einem neuen Projekt im Gepäck.

Es ist keine zwei Jahre her, da fuhr Eva Haller, so oft es möglich war, nach Frankfurt am Main, wo sie einen Bruder hat und wo ihr Vater lebte. Er starb hochbetagt. Der Verlust tat weh.
Eva Haller wurde vor 70 Jahren in Temeswar in Rumänien geboren. Aufgewachsen ist sie in Wien, war »die einzige Jüdin in einem Mädchenkloster der Karmeliterinnen«. Die Eltern konnten nicht richtig heimisch werden. Es folgte New York, genau die richtige Stadt für eine 16-Jährige.

Dann Brüssel, Israel, wieder Deutschland. In München scheint Eva Haller angekommen zu sein. Ihre Tochter Lydia lebt mit ihrer Familie ebenfalls hier. Sohn Daniel ist als orthodoxer Rabbiner in Berlin tätig. Eva Haller hat sechs Enkel, und wenn sie vier davon in Berlin besucht – auch mal gerne »zum Hüten« –, nimmt sie besorgt wahr, was sich auf Berliner Straßen tut.

»Die kleinen Kinder wissen jetzt schon: ›Treten wir vor die Tür, verstecken wir besser unsere Pejes‹.« Es lasse sich da »um ein Problem wirklich nicht länger herumreden«, stellt Eva Haller mit Bestimmtheit fest. Was ausgesprochen werden muss, darum macht sie keinen Bogen, beendet angefangene Sätze häufig mit: »Sie wissen, was ich meine.«

Jakobsplatz Und weiter geht’s. Jetzt zur Synagogenführung an den Jakobsplatz. In der Israelitischen Kultusgemeinde hatte Eva Hallers gezielte »Bildungsarbeit« begonnen. Hier war sie vor Jahren freie Mitarbeiterin im Jugend- und Kulturzentrum, bis sie etwas Eigenes aufbauen wollte, um noch mehr Vielfalt zu schaffen.

Vor der IKG wartet Roman Haller, Evas Mann, der Schritt hält, sie begleitet, unterstützt, wo immer es geht, etwas Ruhe hereinbringt und viel Humor, und der ab und zu auf ein bisschen Urlaub drängt.

Vielleicht geht es ins Sommerhaus in den Bergen bei Venedig, wo viel Sonne, viel Natur und »ein unglaublich großer Kater« warten. Doch auch im und ums Ferienhaus herum lassen sich Verbindungen herstellen, lässt sich mit dem Handy erkunden, was zu Hause so los ist. Mit den Worten »Ich bin immer erreichbar« verabschiedet sich Eva Haller in den Urlaub. Manchmal zieht es sie aber auch so richtig weit weg. Dann schickt sie Fotos von exotischen Tieren und Pflanzen aufs Handy. Kultur genießt sie mit Sachverstand, hat Sinn fürs Schöne.

Venedig Sich von Eva Haller durch Venedig führen zu lassen, ist eine Freude. Immer und überall besteht allerdings die Gefahr, dass sich jemand aus heiterem Himmel mit einem Wort, einem Satz, verdächtig macht, infrage kommt für ein nächstes Projekt in ihrer Akademie.

So ähnlich ist das ja auch damals gelaufen: im Schlafwagen von Venedig nach München. Eigentlich hatte man schlafen wollen, aber diese Dame gegenüber, die wusste so viel über Primo Levi zu sagen, war Dozentin an der Münchner Uni, und bald auch Referentin im Janusz-Korczak-Haus.

Gerade ist Eva Haller 70 Jahre alt geworden. Die Stadt München hat ihr am vergangenen Mittwoch die Medaille »München leuchtet« verliehen für ihre »besonderen Verdienste«.

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024