Frankfurt/ Main

Blick auf die Zukunft

Die Bagger haben auf dem Grundstück zwischen der Westend- und der Savignystraße, gleich neben dem jüdischen Gemeindezentrum, schon zwei große Baugruben ausgehoben. Alles ist bereit für die ersten Fundamentarbeiten. Noga Hartmann, Schulleiterin der Isaak-Emil-Lichtigfeld-Schule, schaut auf die Baustelle hinter den metallenen Bauzäunen.

Nicht nur für sie ist es ein historischer Tag. »Wir blicken auf die Zukunft«, sagt sie. »In einem Jahr wird hier das neue Zuhause für jüdische und nichtjüdische Kinder sein.« Im Sommer 2019 schon soll der erste Unterricht in den Räumen des Neubaus stattfinden können.

Rochade Am Freitag vergangener Woche beging die Jüdische Gemeinde Frankfurt die feierliche Grundsteinlegung. Es ist eine Rochade: Auf dem Grundstück am Gemeindezentrum entsteht der fünfstöckige Neubau für die Grundschule der Lichtigfeld-Schule.

Kinder von der Eingangsstufe bis zur vierten Klasse werden dort einziehen. Sie wechseln aus dem Stammhaus der Schule, dem Philanthropin in der Hebelstraße, herüber und machen dort den Platz frei für den ersten Abiturjahrgang an der jüdischen Schule seit 1939, für den es zuvor nicht genügend Klassenräume gab.

Bisher konnten die Schüler nur bis zur 9. Gymnasialklasse am Philanthropin bleiben und mussten für die Oberstufe an andere Schulen in der Stadt wechseln. Rund 480 Schülerinnen und Schüler besuchen die Lichtigfeld-Schule derzeit, »aber wir wachsen beständig«, sagt Hartmann.

Meilenstein
Rund zwölf Millionen Euro kostet der Neubau. Die Kosten teilen sich zu jeweils einem Drittel die Gemeinde, das Land Hessen und der Bund. Für Salomon Korn, den Vorstandsvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, hat diese Erweiterung noch eine besondere Bewandtnis, war er doch vor rund 30 Jahren der Architekt des Gemeindezentrums an der Westendstraße, das neben Kita, Kindergarten und Krippe eben auch die Lichtigfeld-Schule beherbergt.

Wer ein Haus baut, will bleiben. Ein Fakt, dem sich in den 80er-Jahren, als das Zentrum eröffnete, viele Gemeindemitglieder und Schoa-Überlebende nicht hätten anschließen wollen, erinnert sich Salomon Korn. Für sie war es immer noch »das Land der Mörder«.

Für die heutige Generation sei die Nachkriegszeit jedoch abgeschlossen. Die Lichtigfeld-Schule sei ein gutes Beispiel dafür, so Korn bei der Grundsteinlegung. Er lobt die Weitsicht seines Vorgängers Ignatz Bubis, der sich damals das Vorkaufsrecht für die angrenzenden Grundstücke sicherte. Diese Vorausschau, betont Korn, ermögliche heute die Erweiterung der Schule.

Von einem besonderen Moment und einer besonderen Schule spricht Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) bei der Grundsteinlegung. Den Neubau und den neuen Abiturjahrgang bezeichnet er als einen »Meilenstein in der Entwicklung der Schule«. »Doch auch ohne Oberstufe ist die Lichtigfeld-Schule bereits ein Leuchtturm in der Frankfurter Bildungslandschaft gewesen«, betont er, vor allem in den Schwerpunkten Hochbegabtenförderung, Sport oder Musik.

Die jüdische Privatschule sei eine herausragende Bildungsinstitution. Dass die Schule an ihre durch die Nationalsozialisten unterbrochene und abgerissene Tradition anknüpfen kann, sieht der Minister als »ein Stück Heilung«. Sie sei ein Ort, an dem Jugendliche in jüdischer Umgebung leben und lernen können, jüdische Werte, Traditionen und Feiertage pflegen. »Wer eine Schule baut, der will auch, dass seine Kinder bleiben«, hofft Lorz.

Infrastruktur Als die jüdischste Stadt Deutschlands preist der gerade wiedergewählte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) Frankfurt. Die jüdische Gemeinde wachse stetig, und es gebe viele jüdische Institutionen in der Stadt am Main. Er empfinde es als Genugtuung, dass nach der Schließung durch die Nazis 1942 wieder Kinder in der Lichtigfeld-Schule lernen und zum Unterricht gehen können. Mit dem Neubau und der möglich gewordenen Oberstufe schließe sich ein Kreis. »Wir blicken zuversichtlich auf eine gemeinsame Zukunft«, betont Feldmann.

Bei der Grundsteinlegung kamen auch zwei angehende Abiturientinnen zu Wort. »Wir sind die Ersten, die hier ihren Abschluss machen dürfen, und freuen uns schon sehr«, sagen Joelle Ziper und Slata Zlatin, Schulsprecherinnen aus der 9. Klasse.

»Das neue Gebäude ist für uns ein Symbol der Zukunft«, sagen sie. Wichtig ist ihnen vor allem, dass nicht nur jüdische, sondern auch Jugendliche anderer Religionen mit ihnen die Klasse besuchen. »Wir sind ein Vorbild für die Integration. Wir lernen mit- und voneinander.« Die beiden jungen Frauen werden auch unter den Ersten sein, die von der Lichtigfeld-Schule am Austausch mit der »American Hebrew Academy« teilnehmen.

Zeitkapsel Zeichnungen der Schüler, Pläne des Neubaus, Gemeindezeitungen und Tageszeitungen verschwinden in der Kupferkapsel, die Salomon Korn, Minister Lorz, OB Feldmann und die Schulleiterin Noga Hartmann zusammen mit den großen und kleinen Gästen der Grundsteinlegung einzementieren.

Auf der Platte, die ihren Platz unter dem Ritualhandwaschbecken in der künftigen Kantine des Neubaus finden wird, steht: »Mit Errichtung dieses Schulgebäudes wird jener Grundstein erweitert, der am 8. November 1984 aus Anlass der Erbauung des Jüdischen Gemeindezentrums Frankfurt am Main, später Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum, gelegt wurde. Möge er Grundstein einer gesicherten und erfolgreichen Zukunft der historisch gesehen vierten Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main sein.« Die Rabbiner Julian-Chaim Soussan und Avichai Apel spenden ihre Segenssprüche, begleitet von Klarinettenmusik.

Das Gebäude entsteht nach Plänen des Architekturbüros HGP Architekten Leben Kilian PartG mbB. Wenn alles gut läuft, werden die Schülerinnen und Schüler ihren ersten Schultag im neuen Haus am 12. August 2019 begehen. An diesem Tag hat übrigens Schulleiterin Noga Hartmann Geburtstag. »Das wäre das größte Geschenk für mich. Wir hoffen, dass das klappt«, sagt sie.

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