Trauer

»Er wird unendlich fehlen«

Marcus Schroll im Kreise von Schülerinnen – sie erhielten an jenem Tag ihren Siddur. Foto: Marina Maisel

Dieser Abschied fällt nicht nur der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern unendlich schwer. Alle, die Marcus Schroll kannten, erfüllt die Nachricht von seinem viel zu frühen Tod mit tiefer Trauer und Schmerz.

»Er hinterlässt eine Lücke, die niemand zu schließen vermag. Er war ein außergewöhnlicher Mensch, für den sein Beruf eine Berufung war«, beschreibt IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch das hohe Ansehen, das Marcus Schroll genoss. Sein ungeheures Engagement, das er an den Tag legte, belegen die vielen Aufgaben, die er wahrnahm.

Marcus Schroll, der im März 2002 als Lehrer für israelitische Religion an Gymnasien und als Mitarbeiter im Rabbinat nach München kam, war ab 2008 Leiter des jüdischen Erziehungswesens der Israelitischen Kultusgemeinde und als solcher Co-Schulleiter der Sinai-Grundschule sowie des neuen Jüdischen Gymnasiums. Daneben hatte er seit 2003 als Fachberater des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Erziehung, Wissenschaft und Kunst die Aufsicht über das Fach »Israelitische Religionslehre« in ganz Bayern und war Ansprechpartner für alle Fragen des jüdischen Religionsunterrichts.

Auch die Beratung und Fortbildung der Erzieherinnen des Kindergartens gehörte zu seinen Aufgaben. Hinzu kam der jüdische Religionsunterricht in der gymnasialen Oberstufe.

Anteilnahme Viele seiner Schüler waren zu der Trauerfeier auf dem Neuen Israelitischen Friedhof gekommen, dazu viele Freunde und Wegbegleiter, Mitglieder des Vorstands und Repräsentanten der Einrichtungen, für die er tätig war.

Ihr Mitgefühl und ihre Anteilnahme galten ganz besonders der Witwe und dem achtjährigen Sohn. Sie haben eine schwere Zeit hinter sich, geprägt von einer emotionalen Achterbahnfahrt zwischen Hoffen und Bangen. Am Ende forderten kraftraubende Operationen und die lange Krankheit ihren Preis. Marcus Schroll erlag einem Herzleiden.

Charlotte Knobloch sagte auf dem Friedhof das, was viele Trauergäste dachten: »Niemand vermag Ihren Schmerz nachzuvollziehen. Ihr Verlust ist unendlich. Lassen Sie mich Ihnen dennoch versichern: Die Liebe Ihres Gatten, die Liebe deines Vaters – sie stirbt nicht. Sie wird immer da sein und Sie beide bis in Ewigkeit begleiten.« Die IKG-Präsidentin sprach in ihrer Trauerrede von der hohen Wertschätzung, die seine Schüler zum Beispiel bei den Abiturfeiern zum Ausdruck brachten. »Sie wussten, dass er ihnen mehr gegeben hatte als nur Religionsunterricht. Sie wussten, dass er ihr Leben für immer bereichert, dass er sie für immer gestärkt und auf alles vorbereitet hatte, was das Leben an guten und schlechten Überraschungen und Prüfungen bereithält«, war sich Charlotte Knobloch ganz sicher.

Leidenschaft Jungen Menschen die jahrtausendealte Religion des Judentums zu vermitteln, war Markus Schroll ein wichtiges Anliegen, das er mit Leidenschaft und Überzeugung umsetzte. Ihm sei es darum gegangen, sagte Charlotte Knobloch, die unendliche Schönheit und die wunderbaren Grundwerte des Judentums darzulegen und weiterzugeben. »Er vermittelte seinen Schülern und allen Menschen, die er in seinen zahlreichen Funktionen als Referent oder Dozent erreichte, ein positives, lebendiges Bild des Judentums«, betonte sie.

Marcus Schroll beschrieb einmal das Ziel seiner Tätigkeit folgendermaßen: Er wolle seinen Schülern die Grundwerte in der Form vermitteln, dass sie in der Lage seien, sie auch im Alltag umzusetzen und zu leben. Die Tora, ergänzte er in diesem Zusammenhang, mag 3000 Jahre alt sein, aber sie liefere die Antworten auf alle grundsätzlichen Fragen des Zusammenlebens. Dabei aber werde alles von einer Prämisse überlagert. »Jude sein muss Spaß machen«, sagte der Religionspädagoge. Dieses Konzept ist auch in das Schullehrbuch Ethik im Judentum eingeflossen, ein Standardwerk im Unterricht, an dem er maßgeblich mitgearbeitet und damit auch ein pädagogisches Vermächtnis hinterlassen hat.

ruhestätte Die IKG-Präsidentin war sich bei der Trauerfeier auch sicher, was Marcus Schroll selbst gesagt hätte: »Er hätte die Tora zitiert, in der es heißt: ›Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit, eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben.‹« Trotzdem sei es einer dieser Tage, die man nicht erleben möchte und die man niemandem wünsche.

»Wir trauern um einen liebevollen, leidenschaftlichen, klugen, freundlichen, hilfsbereiten, fairen, feinen Menschen. Er wird fehlen – unendlich fehlen«, erklärte sie. Marcus Schroll wird in Israel seine letzte Ruhestätte finden. Das war sein Wunsch.

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