Ben Salomo

Kampfansage an den Bling-Bling-Rap

Provokant und angstfrei: Ben Salomo Foto: Stephan Pramme

Jonni Kalmanovich alias Ben Salomo ist schon seit Jahren ein bekannter Name in der deutschen Rap-Szene. In seiner Berliner Battle-Show Rap am Mittwoch gab er bereits Chart-Stürmern wie Sido oder B-Tight eine Bühne. Über 200.000 Follower auf YouTube und Millionen von Views machen seine Rapschlachten zu einem der erfolgreichsten Formate im deutschen Hip-Hop.

Jetzt hat der gebürtige Israeli sein erstes eigenes Album veröffentlicht. Es gibt nur Einen ist keine bloße Sammlung stumpfer Partysongs, sondern das mit tiefsinnigen Texten versehene Statement eines Künstlers, dessen persönliche Geschichte und Gedankenwelt endlich den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Und hört man aktuell erfolgreiche Hip-Hopper wie Haftbefehl von der »Rotschild-Theorie« oder Ali Bumaye über das Land »Wo sie Täter Opfer und die Opfer Täter nennen« (gemeint ist natürlich Israel) rappen, fragt man sich, warum in der Szene jeglicher Aufschrei ausbleibt.

Wurzeln Ganz anders Ben Salomo: In Stücken wie »Identität«, »Krav Maga« oder »Es gibt nur Einen« spricht der Rapper offen über seine jüdisch-israelischen Wurzeln und erteilt quasi nebenbei jeglichem Antisemitismus eine Abfuhr. Dabei lässt er den Hörer in die Welt eines Mannes eintauchen, dessen Stimme das viel zu lange unterdrückte Statement einer unterrepräsentierten Gruppe im Rap ausruft. In seinen Songs regt Ben Salomo dazu an, Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen zu finden und sich gegen Ungerechtigkeit und Hass zu erheben.

Dabei möchte der Rapper besonders auf den immer stärker werdenden Antisemitismus aufmerksam machen, um das nicht selten verbreitete Feindbild »Jude« in der Hip-Hop-Szene aufzubrechen. In seinem Song »Kennst du das?« etwa erzählt er von seiner harten Vergangenheit auf den Straßen Berlins. Als »Migrant in dieser Großstadt« wurde auch er nicht mit dem sprichwörtlich silbernen Löffel im Mund geboren. So baut der Rapper nachvollziehbare Parallelen zu den Jugendlichen verschiedenster Herkunft auf, die – wie einst er selbst – nach Perspektiven streben und den Weg in eine bessere Realität suchen.

Ben Salomo wagt aber auch den Sprung in die fiktive Welt. In seinem Song »Thora der Dschinn« rappt er über einen Assassin namens Yassin, der im Jahr 711 einen geheimen Gang am Fuße des Tempelbergs findet, in dessen Innerem er die Schriftrollen König Salomons entdeckt.

Vorreiterrolle Tiefgründiger wird es dann wieder, wenn er im 14. und letzten Lied »Mehr will ich nicht« über die eigentliche Motivation hinter seinem Album spricht: »Ich will nur, dass ihr mich nicht vergesst, dass meine Stimme Gehör findet und nicht verebbt.« Es ist die Aussage eines Künstlers, der sich der Verantwortung seiner Vorreiterrolle als jüdischer Hip-Hopper in Deutschland stellt und sich traut, auch unangenehme Themen ebenso provokant wie angstfrei anzusprechen.

Es gibt nur Einen ist Rap, losgelöst vom oberflächlichen Bling-Bling und den üblichen stumpfen Phrasen der von Proleten dominierten Szene. Das macht es zu einem eher untypischen Album – und zu einem besonderen Werk. Auf gut produzierten Beats versucht Ben Salomo, Juden in Deutschland aus der Seele zu sprechen und zum Mitdenken anzuregen. Schon jetzt ist das Album des jüdischen Rappers ein Novum in der deutschen Hip-Hop-Geschichte – und hoffentlich bald auch in den Charts.

Ben Salomo: »Es gibt nur Einen«. Baba City 2016

Frankfurt am Main

Bildungsstätte Anne Frank zeigt Chancen und Risiken von KI

Mit einem neuen Sammelband will sich die Institution gegen Diskriminierung im digitalen Raum stellen

von Greta Hüllmann  19.04.2024

Kunst

Akademie-Präsidentin gegen Antisemitismus-Klausel

»Wir haben ein gutes Grundgesetz, wir müssen uns nur daran halten«, sagt Jeanine Meerapfel

 19.04.2024

Jehuda Amichai

Poetische Stimme Israels

Vor 100 Jahren wurde der Dichter in Würzburg geboren

von Daniel Staffen-Quandt  19.04.2024

Antisemitismus

Zentralrat der Juden äußert sich zu Hallervordens Gaza-Video

Das Gaza-Gedicht des Schauspielers wurde in den vergangenen Tagen massiv kritisiert

 19.04.2024

Streaming

»Bros«: Zwei Trottel, eine Bar

Die erste rein hebräischsprachige und israelische Original-Produktion für Netflix ist angelaufen

von Ayala Goldmann  18.04.2024

Interview

»Deutschland ist eine neurotische Nation«

Bassam Tibi über verfehlte Migrationspolitik, Kritik an den Moscheeverbänden und Ansätze für islamische Aufklärung

von Christoph Schmidt  18.04.2024

Verschwörungstheorien

Nach viel kritisiertem Israel-Hass-Video: Jetzt spricht Dieter Hallervorden

Der Schauspieler weist die Kritik an seiner Veröffentlichung zurück

 18.04.2024

Venedig

Israelhasser demonstrieren bei Kunstbiennale

Die Demonstranten forderten einen Boykott israelischer Künstler

 18.04.2024

Klassik

Eine Liebeserklärung an die Mandoline

Der israelische Musiker Avi Avital verleiht Komponisten wie Bach oder Vivaldi einen unverwechselbaren neuen Touch

von Christine Schmitt  18.04.2024