24. Thüringer Kulturtage

Stars und Stadtführungen

Die israelisch-iranische Band »Sistanagila« bei ihrem Auftritt in Nordhausen Foto: Esther Goldberg

Die vornehme Zurückhaltung des Publikums in der ältesten Kirche von Weimar hielt genau zwei Titel lang. Dann hatte die iranisch-israelische Band Sistanagila ihre Gäste in Bann gezogen. Standing Ovations vor allem für Jawad Salkhordeh und seine Percussions. Und auch Hemad Darabi sorgte mit seiner Gitarre für ähnliche Begeisterung. Das Konzert am 15. Oktober war eine von 106 Veranstaltungen während der 24. Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur.

Vielfalt Es gibt die großen Konzerte und Darbietungen, und es gibt die kleinen Formen der Kultur. »Genau diese Vielfalt macht doch auch das jüdische Leben im Alltag aus«, ist Caroline Fischer, die künstlerische Festivalleiterin, überzeugt. Deshalb fördert sie die kleine Stadtführung genauso wie die große Kunst und hat den Auftritt eines der bedeutendsten Tanztheater Israels, der Kibbutz Contemporary Dance Company, in Gera organisiert.

Gera hat sich um Veranstaltungen für die Kulturtage nahezu gerissen. Die Stadtverwaltung hat Tür und Herz sowie den Geldbeutel geöffnet. So weit, dass sie der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt klar den Rang abläuft. Auch andere Städte wie Mühlhausen, Eisenach oder Nordhausen begleiten dieses Festival praktisch und unbürokratisch. Es ist wohl dieser Wille und dieses Miteinander, dass ein Budget von 100.000 Euro für das Festival vieles ermöglicht. Gesammelt wurde das Geld vom Förderverein.

Es gibt Stimmen in Thüringen, die sich die Frage stellen, ob nicht drei jüdische Festivals vom Sommer bis zum Herbst zuviel des Guten sind. Den Anfang macht der Yiddish Summer Weimar, es folgen im September das Achava-Festival, das vorwiegend in Erfurt stattfindet, und ab Oktober für sechs Wochen die jüdisch-israelischen Kulturtage.

»Nein, das ist keine Überdosis«, ist Caroline Fischer überzeugt. Während der ersten sechs Veranstaltungen kamen 1000 Besucher. Die Organisatorin rechnet mit rund 10.000 Gästen. Fischer betont das Einvernehmen zwischen den drei Festivals. Obwohl es schwerfällt, das zu glauben. Reibereien scheinen programmiert. So bieten Achava wie auch die beiden Kulturtage Stadtführungen durch Erfurts jüdische Altstadt an. Das etablierteste und älteste Festival jüdischer Kultur in Gera zu eröffnen, ist deshalb eher der Not der fehlenden Unterstützung in Erfurt denn dem Gleichgewichtungsprinzip geschuldet.

»Ich will aber, dass wir mit den drei Festivals zusammenarbeiten«, hält Caroline Fischer dagegen. Mit Alan Bern vom Yiddish Summer passiert das ganz offensichtlich jetzt schon. Er ist mit einem mehrtägigen Workshop zu arabisch-israelischer Musik im Haus der »Other Music Academy« (OMA) unterwegs. Und er eröffnete gemeinsam mit Caroline Fischer das Konzert von Sistanagila.

VERANSTALTER
Schirmherren der jüdischen Kulturtage sind Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sowie Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein. Eine Symbolik, auf die ein solches Festival setzen kann und die zieht. Vor allem aber ist es das »Netzwerk für jüdisches Leben in Thüringen«, das dieses Festival ausmacht. 56 Veranstalter sind daran beteiligt – sowohl die zwölf Verwaltungen der teilnehmenden Städte als auch Initiativen wie das Prager Haus Apolda, der Förderverein Alte & Kleine Synagoge oder eine Arnstädter Initiative. Das führt dazu, dass es bis zum 19. November an den Veranstaltungstagen Donnerstag und Samstag bis zu drei Parallelveranstaltungen geben wird – in verschiedenen Städten, versteht sich. Und immer ist jemand vom Förderverein Alte & Kleine Synagoge dabei.

Es nötigt Respekt ab, was das Projekt »Netzwerk für jüdisches Leben in Thüringen« seit nunmehr 24 Jahren anbietet. Eine der 106 Veranstaltungen in diesem Jahr ist die Vorbereitung auf das kleine Jubiläum im kommenden Jahr. Das 25. soll noch einmal größer werden – obwohl der Etat nur eine halbe bezahlte Projektstelle für die künstlerische Leiterin vorsieht.

Programm Zu den Veranstaltungen, die noch zu sehen sein werden, gehören unter anderem die Lesung mit dem Schauspieler Michael Degen aus seinem Buch Der traurige Prinz: Roman einer wahren Begegnung oder Die Tänzerin von Auschwitz, die in Bewegung umgesetzte Geschichte einer unbeugsamen Frau (Samstag, 5. November, Mühlhausen, Die Theaterwerkstatt, Unter der Linde 7) sowie ein Abend mit der Schauspielerin Walfriede Schmitt und dem Sänger Karsten Troyke: »dass ich nicht vergess’, Ihnen zu erzählen ...« (Freitag, 18. November, Nordhausen, 19.30 Uhr, Ratssaal im Bürgerhaus, Nikolaiplatz 1, und Samstag, 19. November, 18 Uhr, Gera, St.-Trinitatis-Kirche, Heinrichstraße 45). In Erfurt läuft bis Sonntag, 30. Oktober, jeweils um 19 Uhr im Kinoklub, Am Hirschlachufer, Rabbi Wolff, ein Dokumentarfilm von Britta Wauer. Und auch das gibt es: ein Gastspiel des jüdischen Puppentheaters »Bubales« aus Berlin und einen großen israelischen Basar.

Und irgendwie passt das alles zusammen mit der iranisch-israelischen Musikaffäre von Sistanagila in der Jakobskirche von Weimar. Es ist jene Kirche, in der Goethe und Christiane von Vulpius getraut wurden.

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024