Glossar

Maassim Towim

Eine Brit Mila sollte möglichst nicht verschoben, aber nur im engsten Familienkreis gefeiert werden, empfiehlt der Zentralrat. Foto: Flash 90

Maassim Towim heißt, gute Werke anzustreben und zu vollbringen. Bei der Brit Mila, der Beschneidungszeremonie der Jungen, wird den Eltern ein Segen zugesprochen: Das Kind möge eintreten in Tora (also Studium und Verwirklichung seines jüdischen Daseins), in Chuppa (Ehe) sowie in Maassim Towim (gute Taten). Mit diesem Segensspruch wünscht die Gemeinde dem Kind, dass es die notwendigen Fähigkeiten dazu entwickeln möge und davon Gebrauch macht.

Was haben diese drei Begriffe gemeinsam? Alle drei erfordern Kompromisse. Genauer gesagt erfordern sie Kompromisse, um eine starke Beziehung zur jüdischen Lebensform zu entwickeln. Kompromisse bedeuten, etwas zu geben, um Größeres, Bedeutsameres zu erreichen. So gibt das Baby in der Brit Mila ein Stück von sich selbst, um eine spirituelle Beziehung zu G’tt und eine Verbindung zur Gesamtheit des jüdischen Volkes herzustellen.

kompromisse Aber auch zu einer glücklichen Ehe gehört, dass die beiden Partner bestimmte Verhaltensweisen aufgeben, die für die Entwicklung eines guten Verhältnisses zueinander nicht förderlich sind. Ebenso sind in ähnlicher Weise Kompromisse beim Studium der Tora nötig. Der Studierende muss mitunter lernen, seine Meinungen davon, wie »die Dinge sein sollten«, hintanzustellen, um die g’ttliche Übermacht der Worte zu erkennen.

Und schließlich Maassim Towim. Wie die anderen Mizwot verlangen die guten Taten manchmal Verzicht. Ohne etwas von sich selbst zu geben oder aufzugeben, kann man nicht mit aufrichtigem Mitgefühl handeln.

Tora und Maassim Towim haben allerdings verschiedene Voraussetzungen. Tora ist der Verweis auf den Buchstaben des Gesetzes mit klar definierten Grundsätzen, die wir einhalten sollen. Maassim Towim ist der Verweis auf unser Handeln in dem Bemühen, ja der Verpflichtung, auf die Bedürfnisse unserer Mitmenschen einzugehen.

handlungsweisen Für gute Taten gibt es unterschiedliche Situationen, die verschiedene Handlungsweisen erfordern. Oft bedarf es dabei des gesunden Menschenverstands. Häufig muss man rasch verstehen, welches Problem den Mitmenschen beschäftigt und auf dessen spezielle Bedürfnisse eingehen; man muss also Weisheit und Einsicht einsetzen. Dabei ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, wie diese Taten mit der Tora, mit den Buchstaben des Gesetzes zusammenhängen.

Neulich las ich eine Geschichte, die helfen kann, Maassim Towim praktisch zu beleuchten: Ein alter Mann lag im Krankenhaus. Sein Nachbar kam mit seinem Sohn, um ihn zu besuchen. Als die beiden das Krankenzimmer betraten, sahen sie, dass der alte Mann schlief. Der Vater sagte zu seinem Sohn, er solle den Patienten aufwecken. Der Sohn protestierte und meinte, das sei nicht recht. Doch der Vater bestand darauf. Als sie den alten Mann aufweckten, glänzten seine Augen vor Freude über den Besuch. Sie unterhielten sich lange, und der alte Nachbar dankte für ihr Kommen. Sie hätten ihm damit den Tag verschönt. Beim Weggehen sagte der Vater: Mein Sohn, wisse, der alte Mann schlief nicht vor Erschöpfung, sondern aus Langeweile.

Es gibt Tora – und es gibt Maassim Towim. Sie gehen Hand in Hand, aber man muss seinen Verstand benutzen, um die spezifischen Anforderungen der Maassim Towim zu erkennen. In dem Beispiel erkannte der Vater, wie er handeln musste. Er benutzte seinen gesunden Menschenverstand, um die Mizwa von Maassim Towim zu erfüllen.