Glossar

Nussach

Es gibt viele Nussachot, aber am bekanntesten sind drei grundlegende Arten: Aschkenas, Sefardisch und Sefarad. Foto: dpa

Juden in verschiedenen Ländern haben unterschiedliche rituelle Bräuche. So finden sich auch in den Gebetbüchern leichte, aber wesentliche Unterschiede. Die vielfältigen Formen, Stil, Struktur und Gestaltung der G’ttesdienste, aber auch die Melodien der Gebete, wie sie in den verschiedenen Gemeinden vorgetragen werden, nennt man Nussach. Es gibt viele Nussachot, aber am bekanntesten sind drei grundlegende Arten: Aschkenas, Sefardisch und Sefarad.

Der Nussach Aschkenas kommt aus Mittel- und Osteuropa. Während der Wortlaut und die Gebete dieses Nussach in allen aschkenasischen Gemeinden der gleiche ist, variieren die Melodien der einzelnen Gebete zwischen den Gemeinden in Westeuropa, Deutschland und denen in Osteuropa. Der Begriff »Aschkenasi« wurde ursprünglich verwendet, um die Juden aus dem mittelalterlichen Deutschland und Nordfrankreich zu beschreiben. Er basiert auf einer Talmudpassage, in der mit »Aschkenas« Deutschland oder »von deutscher Abstammung« gemeint ist. Heute benutzt man den Begriff Aschkenasi, wenn man Juden mittel- oder osteuropäischer Herkunft und ihre Rituale meint.

tradition Der sefardische Nussach ist eine weitere mittel- und osteuropäisch-aschkenasische Tradition. Nach ihm betete man vor allem in Polen, der Ukraine, Weißrussland, Rumänien und in Ostungarn. Er hat viele Abweichungen, entsprechend den jeweiligen Gemeinden. Die meisten, die nach ihm beten, tun dies in der alten aschkenasischen Aussprache.

Der sefardische Nussach entwickelte sich nach dem Wiederaufleben des Studiums der Kabbala unter der Führung von Rabbi Jitzchak Aschkenasi Luria (1534–1572), in der jüdischen Tradition besser bekannt als »Ari«, ein Akronym für »Aschkenasi, Rabbi, Jizchak«.

Luria, obwohl in Jerusalem geboren, stammt, wie sein Name sagt, aus einer aschkenasischen Familie. Der Kreis der Kabbalisten, der sich in der Stadt Safed um ihn versammelte, entwickelte seine eigene Liturgie. Sie wurde von den Schülern des Baal Schem Tow, dem Begründer der chassidischen Bewegung, adaptiert. Im Laufe der Zeit entstanden aus dieser Liturgie zwei verschiedene Versionen: Die eine wurde als sefardischer Nussach bekannt, die andere als Nussach ha-Ari.

einfluss Der Nussach Ari entstand auf Grund des enormen Einflusses des kabbalistischen Gedankengutes auf den osteuropäischen Chassidismus, der sich im 18. Jahrhundert entwickelte. 1803 erstellte Rabbi Schneur Salman aus Liadi (Lubawitsch) einen speziellen Siddur gemäß seiner Auslegung der Lehren des Ari und des Chassidismus. Er wird von den Chabad-Chassidim verwendet und beinhaltet kabbalistische, mystische Ideen und Interpretationen. Jede chassidische Gruppe hat ihre eigene Version des sefardischen Nussach, doch der Ari ist die bekannteste.

Der Nussach Sefarad (Hebräisch: Spanien) stammt aus den vielen sefardischen Gemeinden Nordafrikas, Südfrankreichs, Süditaliens und des Nahen Ostens. All diese haben zwar unterschiedliche, aber im Grunde ähnliche Nussachot. Viele der Bräuche, die den Unterschied der G’ttesdienste ausmachen, basieren nicht auf geschriebenen Texten, sondern auf mündlichen Überlieferungen und Traditionen der jeweiligen Gemeinden. Einer der häufigsten sefardischen Nussachot wird Nussach Edot Hamisrach genannt. Er ist auf dem Gebiet des heutigen Irak entstanden, aber gewann Einfluss im heutigen Israel.

Einen ganz eigenen Nussach haben die jemenitischen Juden: den Nussach Teiman. In der Vergangenheit, als die Entfernung zwischen den Gemeinden beträchtlich war, lebten die Aschkenasim in Aschkenas, die Sefaradim in Spanien und Nordafrika, die Jemeniten im Jemen. Üblicherweise setzen Juden den eigenen Minhag, die Traditionen und den Nussach ihrer Familie fort. Doch gemäß den Anweisungen des Schulchan Aruch (Orach Chajim 468,4; Jore Dea 214,2) und der Mischna Berura (14) ist ein jeder, der an einem anderen Ort zu Besuch weilt oder umgezogen ist, verpflichtet, den örtlichen Minhag, die Halacha und den Nussach der dortigen Gemeinde und der einheimischen Juden anzunehmen und zu praktizieren.