Berlin

Eine Mikwe für Mitte

Auf diesen Tag hat Mordechai Vorhand lange gewartet. Seit einer Geschäftsreise vor drei Jahren, die ihn nach Feierabend zum Beten in die Brunnenstraße geführt hatte, brachte er den Bau der neuen Mikwe mit viel Leidenschaft voran. »Wo ist eure Mikwe?«, hatte der Besucher aus Wien damals Rabbiner Joshua Spinner gefragt. Der Rest ist Geschichte. Denn seit Sonntag verfügt die modern-orthodoxe Gemeinde Kahal Adass Jisroel über ein eigenes Ritualbad für Männer und Frauen – modern, gemütlich und mit allem, was dazugehört.

Dass die Eröffnung der Mikwe zudem mit dem ersten Tag der Slichot zusammenfiel, der Vergebungsgebete vor den Hohen Feiertagen, erhöhte die Freude der rund 200 anwesenden Gemeindemitglieder und Besucher noch einmal. »Erst jetzt haben wir das Gefühl, wirklich vollständig zu sein«, sagte Gemeindevorsitzender Doron Rubin. Gerade für eine schnell wachsende Gemeinde wie Adass Jisroel sei es sehr wichtig, für die rituelle Reinigung nicht mehr wie bisher auf andere Tauchbäder in der Stadt ausweichen zu müssen.

spirituell »Wir sind etwa 60 Familien. Die meisten von uns wohnen hier in der Nähe. Jetzt ist es viel einfacher, einmal im Monat, vor Schabbat und Feiertagen in die Mikwe zu gehen«, sagte Rebbetzin Joelle Spinner am Rande der Eröffnungsfeier. Dabei sei es vor allem die seelische Reinigung, die mit dem Eintauchen in der Mikwe einhergehe – für viele Frauen ein besonderes spirituelles Erlebnis, so Joelle Spinner.

Mordechai Vorhand und sein Bruder Moshe, die an der Eröffnung in der Brunnenstraße teilnahmen, waren sichtlich berührt. Die Unterstützung des jüdischen Lebens in Berlin ist ihnen ein großes Anliegen. Beide stifteten die Mikwe im Gedenken an ihre Eltern Toiba Ester und Rabbiner Josef Vorhand.

»Unsere Eltern haben Auschwitz überlebt«, erklärte Mordechai Vorhand. »Nach dem Krieg sagte ein Arzt zu unserer Mutter, sie könne keine Kinder bekommen. Wissen Sie, was sie ihm geantwortet hat? Das geht nicht, denn dann hätte Hitler gesiegt! So stehen wir als ihre Söhne heute vor Ihnen und eröffnen diese Mikwe. Mitten in Berlin! Möge die Mikwe sich jeden Tag mehr füllen!«

Segen »Ihr Traum ist unsere Realität geworden«, bedankte sich Doron Rubin bei den Stiftern. Anschließend lud er die Gemeindemitglieder und Gäste ein, das Ritualbad einzuweihen, den Segen zu sprechen, Mesusot an den Türrahmen anzubringen und gemeinsam mit den Stiftern und ihren Familien die Gedenktafeln zu enthüllen.

Pläne zu einer eigenen Mikwe gab es schon seit 2005. Rabbiner Shlomo Afanasev war von Anfang an mit dem Projekt betraut: »Wir hatten den Platz, aber keine Finanzierung. Auch die Genehmigung durch die Baubehörde zog sich hin.« Durch die Initiative der Vorhand-Brüder bekam das Projekt 2011 schließlich neuen Schwung. Das fließende Wasser, Vorschrift in jeder Mikwe, kommt hier aus einer natürlichen Quelle tief unter der Brunnenstraße. Die letzten Kacheln wurden Ende August eingesetzt.

Wunderschön sei der Bau geworden, schwärmte Mikwe-Leiterin Dvora Ohayon nach der Eröffnungsfeier, noch immer ganz aufgeregt. Sind genug Handtücher da? Liegen alle Kosmetikartikel an ihrem Platz? Dann fiel ihr Blick auf die Räume – hell getünchte Wände, sandfarbene Kacheln, die Bracha über dem Wasserbecken, nebenan eine bequeme Badewanne, Seife, Shampoo. Die Mikwe-Chefin freute sich: »Ab heute haben wir immer geöffnet!«

Hannover

Die Vorfreude steigt

Die Jewrovision ist für Teilnehmer und Besucher mehr als nur ein Wettbewerb. Stimmen zu Europas größten jüdischen Musikevent

von Christine Schmitt  29.03.2024

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt.

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024