Glossar

Schechina

Zeichen göttlicher Präsenz: In der Tora offenbart sie sich in einer Art Wolke. Foto: Thinkstock

»Wenn zwei Menschen zusammensitzen und über die Tora reden, dann ist die Schechina anwesend« (Mischna, Awot 3,2). »Schechina« (hebräisch: Sch-a-ch-en, »sich niederlassen«) bezieht sich auf einen geistigen Aspekt des G’ttlichen, der sich in der materiellen Welt manifestiert. In der Tora offenbart sich die g’ttliche Anwesenheit erstmals als eine Art Wolke, die über dem Stiftungszelt schwebte und das jüdische Volk fortan, als Zeichen g’ttlicher Verbundenheit, begleitete (2. Buch Mose, 40,34).

Auch später im Tempel zu Jerusalem war die Schechina bis zur seiner Zerstörung, allerdings in abstrakterer Form, stets anwesend. Dies ist auch der Grund, warum bis heute viele Rabbiner den Juden davon abraten, den heiligen Berg zu betreten, bis der Tempel wieder aufgerichtet ist. Denn niemand weiß mehr, wo genau sich das Allerheiligste im Tempel befand, das nur der Hohepriester, nach etlichen Reinheitsritualen, betreten durfte. Man will vermeiden, dass Menschen in einem »unreinen« Zustand versehentlich auf »heiligen Boden« treten, der sich auch nach der Zerstörung zum Teil immer noch dort befindet.

exil Unsere Weisen sind sich einig, dass nach der Zerstörung des Tempels nicht nur das jüdische Volk, sondern auch die Schechina, die g’ttliche Präsenz, mit ins Exil gegangen ist (Bawli, Megilla 29a). G’tt lässt sein Volk nicht alleine, auch nicht in dunkelsten Zeiten (Bawli, Joma 56b). Das scheint manchmal schwer zu verstehen. Die Kabbala (Zohar), die esoterische Erklärung von G’ttes Wirken, und deren assoziierte Schriften wie der Tanya versuchen, diese Aspekte näher zu beschreiben.

Die Schechina nimmt in der Kabbala nicht immer die Rolle der Beschützenden für ihre Kinder ein, sondern, da sie so eng mit uns verbunden ist, wirkt sie manchmal sogar wertend. Viele Weise sagen, dass es die Aufgabe des jüdischen Volkes ist, die Schechina wieder aus dem Exil zu bringen, durch regelmäßiges Lernen der Tora und Einhalten der Gebote. Wird G’tt bei vielen Gelegenheiten als »unser allmächtiger Vater« bezeichnet, so sagen viele Kabbalisten der Schechina einen symbolischen weiblichen Aspekt zu – schon der weiblichen Endung des Wortes wegen.

einheit Die Kabbalisten verstehen die Annahme der Zehn Gebote auf dem Berg Sinai als symbolische Vermählung zwischen dem Volk Israel mit der göttlichen Schechina (Braut). Natürlich zweifelt niemand an der Einheit G’ttes, natürlich ist laut der Kabbalisten und Weisen G’tt geschlechtslos. Aber diese Abstraktion ist schwer zu verstehen. Im Zohar wird die Schechina als Mutter aller Seelen dargestellt. Deshalb beschreibt Schechina auch die Präsenz des G’ttlichen in unserem Inneren.

Laut Tanya handelt es sich um g’ttliche Funken, die von der geistigen Welt in die materielle sinken und so beide Aspekte miteinander verbinden. Dieses Geschehen wird als eigentliches Exil der Schechina beschrieben, da das G’ttliche im Profanen verweilen muss. Denn, wie es geschrieben steht: »… und G’tt sah, dass es gut war« (1. Buch Mose,1,31). Laut Ramban (Nachmanides, 1194–1270) bedeutet dies, dass wir und diese Welt eigentlich aus dem Nichts stammen und nur deshalb bestehen, weil G’tt jeden Augenblick der Existenz durch seinen Willen mit Leben erfüllt.