Ordinationsfeier

Kritik in Köln

In der Stadt, in der im Mai dieses Jahres die Praxis der religiösen Beschneidung vom Landgericht infrage gestellt wurde, hat die Ordination von vier Rabbinern eine ganz besondere Bedeutung. Dass Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Donnerstag eigens nach Köln kommt, um den Feierlichkeiten beizuwohnen, hat sicherlich auch mit der aktuellen Debatte zu tun. Seine Teilnahme wird mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht. Kölns Gemeinderabbiner Jaron Engelmayer hatte der Nachrichtenagentur KNA zuvor gesagt, es sei ein deutliches Zeichen, dass sich Westerwelle »in einer Zeit wie dieser« an die Seite des Judentums stelle.

Der Bundesaußenminister widmet sich in seinem Grußwort an die knapp 300 Gäste in der Synagoge Roonstraße ausführlich der Diskussion um die religiöse Beschneidung: »Niemand soll sich über die verheerende Wirkung dieser Debatte, was das Ansehen Deutschlands in der Welt angeht, Illusionen machen.« Dies sei nicht nur eine Debatte, die nach innen gerichtet sei. Sie werde vielmehr in der Welt, und zwar weit über die jüdische Gemeinschaft hinaus, zur Kenntnis genommen.

bestürzung Er habe diese Diskussion sehr genau verfolgt und teile die Bestürzung, die zuvor Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, angesichts zahlreicher judenfeindlicher Äußerungen zum Ausdruck brachte. »Deswegen bin auch ich gerne hierhergekommen, um Ihnen dieses mit Nachdruck zu sagen: Was hier an antisemitischen Parolen und Wortmeldungen verbreitet wurde und zu hören ist, das ist nicht Deutschland«, sagte Westerwelle.

Es gehe auch nicht um eine medizinische oder juristische Debatte, betonte der FDP-Politiker: »Es geht um die Frage, ob Deutschland Heimat von Juden ist.« Lebendiges jüdisches Kultur- und Geistesleben wachse, Synagogen und Gemeindezentren werden neu- oder wiederaufgebaut. Rabbiner nehmen ihre Arbeit in den Gemeinden auf. »Uns allen ist dies ein starkes Zeichen für gedeihendes jüdisches Leben in Deutschland.«

auftrag Doch zu blühendem jüdischen Leben gehöre, »dass es hierzulande möglich sein muss, jüdische Traditionen ohne Rechtsunsicherheit zu leben«. Und in diesem Sinne werde die Bundesregierung selbstverständlich dem eigenen Wunsch, aber auch dem Auftrag des deutschen Bundestages nachkommen »und dafür sorgen, dass hier rechtlich Klarheit in Deutschland geschaffen wird«. Er warnte: »Wer in Deutschland Beschneidungen von Jungen untersagt, untersagt jüdisches Leben in Deutschland.«

Zentralratspräsident Dieter Graumann zollte dem Bundesaußenminister in seiner Rede zuvor Respekt, dass er als einer der ersten Politiker klargestellt habe, dass jüdisches und muslimisches Leben und damit die Beschneidung hierzulande möglich bleiben muss. »Für dieses Engagement des Herzens danke ich Ihnen sehr«, sagte Graumann.

»Würde die Beschneidung in Deutschland verboten, würden Juden kalt in die Illegalität getrieben«, fügte er hinzu. Dann sei jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich. Das sei kein Bluff, kein rhetorischer Trick, »das ist die Wahrheit«. Nirgendwo in der Welt werde die Diskussion von Beschneidungskritikern mit solcher Schärfe und Unerbittlichkeit und in einem so rüden, anklagenden Ton geführt wie in Deutschland. Wenn Juden in der Debatte als Kinderquäler dargestellt würden, sei eine Grenze überschritten. »Das wollen und werden wir uns einfach nicht mehr gefallen lassen.«

Die Rede von Zentralratspräsident Dieter Graumann und das Grußwort von Außenminister Guido Westerwelle finden Sie im Wortlaut unter:

http://www.zentralratdjuden.de/de/article/3811.html
http://www.zentralratdjuden.de/de/article/3815.html

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024