Nahost

Viel Feind

Droht nach dem Scheitern der diplomatischen Bemühungen eine dritte Intifada? Foto: Flash 90

Nichts ist so, wie zum letzten Jahreswechsel erhofft. So lässt sich die Situation im Nahen Osten kurz vor Rosch Haschana zusammenfassen. Die PLO will als Staat anerkannt werden, Ägypten, das erste Land in der Nachbarschaft, das zu einem Frieden mit Israel bereit war, geht unter dem Druck der Straße auf Distanz.

Die Aufkündigung des Friedensvertrages ist kein Tabu mehr. Die Türkei, deren Beziehungen zum jüdischen Staat bis vor Kurzem so eng waren, dass gleich drei Militärattachés in Tel Aviv akkreditiert waren, hat den israelischen Botschafter aus Ankara ausgewiesen.

quartett Und Jordanien, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung Palästinenser sind, ist ebenfalls ein unsicherer Bündnispartner geworden. Unklar ist auch, wie lange sich Mahmud Abbas an der Spitze der Palästinenser wird halten können – und wer ihn ablösen wird. Das Nahost-Quartett, bestehend aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und Russland, hat bereits einen Zeitpunkt für ein Friedensabkommen vorgegeben – nämlich Ende 2012.

Der deutsche Außenminister, Guido Westerwelle, forderte vor der UN-Vollversammlung, beide Seiten sollten »umgehend« mit Verhandlungen beginnen. Deutschland sei für einen Palästinenserstaat – »und wir wollen diesen Staat nicht irgendwann in einer fernen, unbestimmten Zukunft«.

partner Seit seiner Gründung im Jahr 1948 hatte Israel stets Mühe, sich im Orient Verbündete zu schaffen. Immer fand sich aber zumindest ein Land an der Brücke zwischen Asien und Afrika, mit dem man gemeinsame Interessen teilte. Jetzt jedoch sieht sich Israel isoliert. Dafür sei das Land selbst verantwortlich, sagen Kritiker: Alle Regierungen hätten sich schließlich geweigert, die besetzten palästinensischen Gebiete zu räumen.

Doch Israel hat mit der Rückgabe von Territorien nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Kurz nachdem der damalige Premier Ariel Scharon vor sechs Jahren alle Siedlungen im Gazastreifen geräumt und 8.000 Siedler, teils mit Gewalt, ins israelische Kerngebiet zurückgeholt hatte, kam die radikalislamische Hamas bei freien Wahlen an die Macht.

Eine Bewegung, die eindeutig die Vernichtung Israels will. Statt sich um die wirtschaftliche Entwicklung des Gazastreifens zu kümmern, rüstete die Hamas auf. Raketen, die aus dem Iran finanziert werden, machen seither den Süden Israels unsicher. Die Räumung der Westbank, sagen sich viele Israelis, wäre riskant.

Die Angst, dass nach einem Rückzug die Hamas bei Wahlen auch im Westjordanland siegen würde, geht um. Dann könnte auch der internationale Flughafen und vieles mehr unter Beschuss genommen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Hamas ver- muten viele, dass genau das passieren könnte.

terror Zusätzlich ist Israel durch den »Arabischen Frühling«, der auch eine Radikalisierung seiner Nachbarstaaten bedeutet, verunsichert. Fast in jedem arabischen Land gehören Islamisten mittlerweile zu den stärksten politischen Bewegungen, auch weil sie straff organisiert sind.

Mit ihnen ist künftig zu rechnen. Dass die Mullahs den Iran zur Atommacht aufrüsten wollen, ist bekannt. Doch die israelische Regierung sieht sich jetzt mit neuen militärischen Risiken konfrontiert. Die Hisbollah und die Hamas, die beide vom Iran mit Mittelstreckenraketen aufgerüstet wurden, bedrohen große Teile des Landes.

Die Übergangsregierung in Kairo ist nicht stark (oder willens) genug, um die Verwandlung des Sinai in eine antiisraelische Angriffsrampe zu stoppen. Die Türkei, eben noch ein Partner, droht, ihre Schiffe im Mittelmeer militärisch zu begleiten. Eine Konfrontation zwischen türkischer und israelischer Marine ist nicht auszuschließen.

geschichte Ein solches Gefahrenpotenzial würde in jedem Land größte Besorgnis auslösen. In Israel wirkt sich die Angst besonders aus – aufgrund seiner Geschichte. Im kollektiven Gedächtnis ist der Holocaust tief verwurzelt. Das prägt nicht nur die Politik. Tausende Israelis haben sich einen Zweitpass beschafft. Eine Lebensversicherung für den Fall, dass die Existenz des jüdischen Staates bedroht sein sollte.

Diesen Sommer hat sich erstmals seit Jahrzehnten die Mittelklasse zu Wort gemeldet. Sie protestierte gegen zu hohe Steuern, Mieten und Lebenshaltungskosten. Der Massenprotest von mehreren Hunderttausend Menschen wurde von vielen als Vorbote eines neuen, kompromissbereiten Israel interpretiert. Doch diese Deutung ist voreilig. Die Kritik an sozialen Verhältnissen tritt in den Hintergrund, sobald die Sicherheit des Staates bedroht ist. Als zum Beispiel in Städten im Süden des Landes Raketen aus Gaza niedergingen, wurden die Demonstrationen abgesagt. Überleben hat Vorrang.

Georg M. Hafner

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