Friedenstal

Reisender Zeitzeuge

Mit »Schalom Alechem« und »Salaam Alejkum« begrüßt Sally Perel die Schüler in der Gesamtschule Friedenstal. »Friede heißt das«, erklärt er und einige der arabischstämmigen Jugendlichen antworten zögernd »Alejkum Salaam«. Das erste Eis ist gebrochen zwischen dem 85-Jährigen, der als Jude den Holocaust in der Nazi-Jugendorganisation »Hitlerjugend« überlebte und den jungen Leuten, die die Geschichte des Dritten Reichs nur aus Büchern und Schulstunden kennen.

zwei Welten Es dauert eine Weile, bis eine Zwölftklässlerin vorsichtig die erste Frage stellt: »War es schwierig, zwischen den Nationalsozialisten die eigene Identität zu bewahren?« Sally Perel überlegt einen Moment, bevor er antwortet: »Ich lebte in zwei Welten, in der eine von der anderen nichts wusste. In meiner Brust jagten sich zwei tödlich gegenüberstehende Seelen. Tagsüber war ich in der Welt des Nationalsozialismus als begeisterter Hitlerjunge. Und nachts mit Tränen, Sehnsucht bei der Familie, die im Ghetto lebte.« Fast vier Jahre lang überlebte Sally Perel, indem er sich selbst verleugnete.

1925 kam er in einer jüdischen Rabbinerfamilie im niedersächsischen Peine zur Welt. Kurz vor Sallys achtem Geburtstag riss Adolf Hitler die Macht an sich. 1935 floh die Familie Perel nach Lodz in Polen. Als die Deutschen 1939 dort einmarschierten, schickten die Eltern den 14-jährigen Sally mit seinem älteren Bruder Isaak ins sowjetisch besetzte Grodno. Dort lebte er in einem Kinderheim, bis die Wehrmacht auch Ost-Polen besetzte.

Frage Seine abermalige Flucht endete 1941 in Weißrussland. Dort verhafteten die Deutschen den 16-Jährigen. Während Schergen der SS schon begannen, Juden zu erschießen, fragte ihn ein Soldat mit Gewehr im Anschlag: »Bist du Jude?« Sally dachte an die Abschiedsworte seiner Mutter: »Sally, du sollst leben.« Er lächelte den Soldaten an und beantwortete die Frage mit fester Stimme: »Nein, ich bin kein Jude, ich bin Volksdeutscher.«

Für den Dienst an der Waffe ist Sally damals zu jung. Ende 1941 schickt ihn die Wehrmacht auf ein Internat der Hitlerjugend. Dort wird Sally Perel der Hitlerjunge Josef. Der war fasziniert vom Gemeinschaftserlebnis in der Nazi-Bewegung und der Kameradschaft: »Ein junges Gehirn ist sehr empfänglich für solch ein Gedankengut des Erhobenen, des Erwählten.«

Nach dem Krieg zog Sally Perel nach Israel. Dort engagiert er sich in der Friedensbewegung. Seine Geschichte hat er erst viel später aufgeschrieben. Jedes Jahr reist er seitdem nach Deutschland, um in Schulen von seinem Leben und Überleben zu erzählen. Die Jugendlichen lauschen. Manche weinen. Sally tröstet sie. Einige Mädchen kommen nach vorne und umarmen ihn. Fast alle sind dankbar, seine Geschichte hören zu dürfen.

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024

Berlin

Zeichen der Solidarität

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist Gastgeber für eine Gruppe israelischer Kinder

 15.04.2024