Aktion

Hungerstreik in Schmargendorf

Verweigert seit mehr als vier Wochen die Nahrungsaufnahme: der Palästinenser Firas Maraghy Foto: Mike Minehan

Firas Maraghy ist erschöpft. Die Wangen des 39-jährigen Palästinensers sind eingefallen, mehr als 15 Kilogramm hat der ohnehin schon schmächtige Mann in den letzten vier Wochen abgenommen. Weil seine Finger vor Hunger zittern, dauert es mehrere Minuten, bis es ihm gelingt, eine Zigarette zu drehen und endlich anzuzünden. Wie in Zeitlupe öffnen und schließen sich seine müden Augen. Nur wenn Maraghy über den Grund seines Hungerstreiks spricht, kehren für einen kurzen Moment Kraft und Entschlossenheit in sein Gesicht zurück. »Ich verlange lediglich das, was mir zusteht – nicht mehr, aber auch nicht weniger«, sagt Maraghy bestimmt und fügt nach kurzem Zögern hinzu: »Für dieses Recht bin ich bereit zu sterben.«

staatenlos Schon seit Jahrzehnten fühlt sich der in Ost-Jerusalem geborene Mann von den israelischen Behörden ungerecht behandelt. Denn obwohl auch seine Familie seit mehreren Generationen in der Heiligen Stadt lebt, gilt er als staatenlos und besitzt lediglich eine Aufenthaltskarte für das von Israel im Zuge des Sechstagekrieges 1967 eroberte Gebiet. Als die israelische Botschaft ihm dann im April dieses Jahres auch noch die Reisedokumente für seine sieben Monate alte und in Deutschland geborene Tochter Zaynab verweigerte, habe er nicht länger tatenlos bleiben können: »Wie würden Sie reagieren, wenn man Ihnen verbieten würde, mit Ihrer Familie in die Heimat zurückzukehren?«, fragt Maraghy aufgebracht.

Hinzu komme noch ein weiteres Problem, sagt der Friedensaktivist Reuven Moskovitz, der den Palästinenser bei seinem Hungerstreik unterstützt. Wenn Maraghy nicht bis Mai 2011 für mindestens anderthalb Jahre nach Ost-Jerusalem reise, werde er sein Rückkehrrecht verlieren. Deshalb müsse er sich entscheiden, ob er die Frist verstreichen lassen oder ohne Frau und Kind für 18 Monate in Ost-Jerusalem leben will. »Weil beide Entscheidungen schlimme Folgen für ihn hätten und er keinen Ausweg mehr weiß, hat mein Freund aufgehört zu essen«, sagt der Israeli. Die Botschaft in Berlin sowie die Regierung in Jerusalem, so Moskovitz‹ Überzeugung, messe mit zweierlei Maß.

Rückkehrrecht In einer Stellungnahme der Botschaft heißt es, dass Maraghy sich mit seinem Anliegen an die falsche Behörde gewandt habe. Ausschließlich das Innenministerium in Jerusalem könne die Tochter als Einwohnerin Israels registrieren. Und das auch nur dann, wenn er nach Israel zurückkehren würde. Doch das kommt für Maraghy nicht in Frage: »In Israel würde der Fall wie bei so vielen meiner Bekannten jahrelang bei den Behörden liegen.« Es geht ihm nicht zuletzt auch ums Prinzip. »Warum gilt Artikel 13 der Erklärung der Menschenrechte nicht auch für mich und meine Familie?«, fragt er erneut. Ebendiesen Artikel hat seine Frau, die Islamwissenschaftlerin Wiebke Diehl, auf ein Plakat gemalt, das neben Maraghys Liegestuhl steht: »Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.«

Unterdessen erfährt Maraghy immer mehr Unterstützung. So forderte zum Beispiel Fanny-Michaela Reisin von der Internationalen Liga für Menschenrechte am Freitag ein offizielles Signal der deutschen Politik. Nachdem bei Kundgebungen bereits Vertreter der Linkspartei anwesend waren und sich für Maraghy einsetzten, will nun am Montag Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) den Palästinenser in Schmargendorf aufsuchen.

Warmer Tee Selbst der israelische Botschafter in Deutschland, Yoram Ben-Zeev, habe sich kürzlich ausgesprochen höflich mit ihm unterhalten, sagt Maraghy. »Er hat mich vergeblich darum gebeten, wieder etwas zu essen und mich mit meiner Forderung an das israelische Innenministerium zu wenden.« Auch die Anwohner des noblen Villenviertels seien alle sehr nett zu ihm, versichert er. Besonders morgens und abends kommen viele und bringen warmen Tee.

Berlin

»UNRWA ist Teil des Problems«

Israels Botschafter Ron Prosor präsentiert Informationen zur engen Verbindung der Terrororganisation Hamas mit dem UN-Palästinenserhilfswerk

 28.03.2024

Halle / Frankfurt

DFB lässt proisraelisches Plakat bei Länderspiel abhängen

Plakat mit der Aufschrift »Bring them Home now« sei nicht genehmigt und entgegen UEFA-Regularien gewesen

 28.03.2024

Sachsen

Trotz antisemitischer Vorfälle: Leipziger Friedenspreis geht an »Handala«-Gruppierung

Die »pro-palästinensische Gruppierung« steht immer wieder wegen antisemitischer Vorfälle in der Kritik

 27.03.2024

Analyse

Allein

Der Jude unter den Staaten: Wie Israel von der Weltgemeinschaft verleumdet und im Stich gelassen wird

von Maria Ossowski  27.03.2024

Manchester Airport

Überlebende des 7. Oktober bei Einreise beschimpft

»Wir müssen sicherstellen, dass Sie hier nicht dasselbe tun wie in Gaza«, sagt ein Grenzbeamter zu den Israelis

von Imanuel Marcus  27.03.2024 Aktualisiert

USA/Israel

US-Verteidigungsminister empfängt israelischen Amtskollegen

»Wir den Kampf in Gaza nicht beenden, bevor wir alle Verschleppten nach Hause bringen«, erklärt Joav Gallant

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Berlin

Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Hochschulgesetz wird verschärft

Möglichkeit der Exmatrikulation wurde zuvor von Rot-Grün-Rot abgeschafft

 26.03.2024

Deutschland

Einbürgerungstests: Das sind die Fragen zu Israel und jüdischem Leben

»Wer unsere Werte nicht teilt, kann keinen deutschen Pass bekommen«, sagt Innenministerin Faeser

 26.03.2024