Köln

Vergessene Architekten

Alles begann im vornehmen Kölner Viertel Marienburg. Hier recherchierte Wolfram Hagspiel für ein Buch über Villenarchitektur. Immer wieder stieß er dabei auf Arbeiten jüdischer Architekten, wie Manfred Faber oder Georg Falck. Doch über Leben und Werk dieser Baumeister erfuhr der Kölner Architekturhistoriker kaum etwas: »Wenn ein Architekt nicht viel publiziert hat, ist er nach seinem Tod eigentlich vergessen. Bei diesen jüdischen Architekten war es noch komplizierter, weil zum Teil ihre gesamte Familie ausgelöscht wurde.«

Medien Doch Hagspiel gab nicht auf. Er fand Unterstützung und sammelte nach und nach Informationen. Nun hat seine Detektivarbeit gleich doppelte Früchte getragen: Im NS-Dokumentationszentrum läuft zur Zeit die Ausstellung »Köln und seine jüdischen Architekten« und im J.P. Bachem Verlag erschien das gleichnamige Buch. Bis zum Beginn des Nationalsozialismus blühte in Köln jüdisches Leben. Die Stadt war eine der größten jüdischen Gemeinden in Deutschland. Wer heute durch Köln flaniert, stößt trotz der Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg noch auf zahlreiche, das Stadtbild prägende Bauten jüdischer Architekten: die Kölner Südbrücke, Villenbauten in Marienburg, das Geschäftshaus Salomon in der Innenstadt.

Quelle Hagspiels Werk ist eine wertvolle Quelle, um über die Schöpfer dieser Bauten fundierte Informationen zu erhalten. Der Autor hat das Buch, das etwa 50 Architekten verzeichnet, lexikonartig aufgebaut. So war es möglich, Baumeister, über die außer ihrem Namen wenig bekannt ist, aufzunehmen wie Architekten, deren Leben und Werk umfangreich belegt sind. Zu ihnen zählt etwa Georg Falck, der Hausarchitekt der Leonhard-Tietz-AG. Er überlebte die NS-Zeit in den Niederlanden und starb kurze Zeit nach Kriegsende aufgrund der durchlittenen Strapazen. Helmut Goldschmidt dagegen, der die KZs Auschwitz und Buchenwald überlebt hatte, war ein Architekt der jungen Bundesrepublik. Er machte sich durch zahlreiche Synagogenbauten im Rheinland einen Namen. Doch seinen Lebensunterhalt verdiente er in erster Linie mit Wohn- und Geschäftshäusern, Villen und Fabrikgebäuden in Köln und umliegenden Städten.

Das Wirken der Architekten dokumentiert Hagspiel mit alten und aktuellen Fotos, Grundrisszeichnungen, Werbeplakaten, Inseraten und Telefonbucheinträgen. Mit seinem Buch, das er ausdrücklich auch als »Gedenkbuch für die Architekten, denen die publizistische Wertschätzung durch die verhängnisvolle Geschichte verwehrt wurde« verstanden wissen will, lässt Hagspiel auch ein Stück Kölner Geschichte wieder entstehen.

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt.

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024

Porträt der Woche

Die Kreative

Mona Yahia stammt aus dem Irak, spricht viele Sprachen, ist Künstlerin und Autorin

von Christine Schmitt  24.03.2024