Rezension

Dr. med Mod Helmy

Ein Buch über den arabischen Judenretter

von Heide Sobotka  07.11.2017 10:08 Uhr

Der Ägypter half selbstlos Juden und Nichtjuden und rettete dadurch vielen Menschen das Leben.

Ein Buch über den arabischen Judenretter

von Heide Sobotka  07.11.2017 10:08 Uhr

Warum Mod Helmy sich selbst in Gefahr brachte, um andere zu retten, vermag auch Igal Avidan nach seiner akribischen Recherche über diesen ägyptischen Judenretter nicht zu beantworten. Eine Zufallsbekanntschaft, im Frühjahr 2017, gibt Avidan möglicherweise einen Hinweis. »Besonders ein Arzt weiß, wie wertvoll ein Menschenleben ist«, antwortet ihm Islam Gawish, wie Helmy Arzt, wie dieser Ägypter.

Avidan beschreibt Helmy, der in den 20er-Jahren in Deutschland Medizin studierte, nicht als strahlenden Helden. Der Ägypter im Deutschland der Nazis muss immer wieder seine eigene Haut retten. Dabei macht er gegenüber den Behörden falsche Angaben über seine Herkunft, die Mutter sei Deutsche, verschleppt Krankheiten, um aus der Haft entlassen zu werden. Er schreibt Bettelbriefe, spannt alle möglichen Leute als Fürsprecher für sich ein. Schließlich wendet er sich direkt an Adolf Hitler.

Ärztemangel Weil jüdische Ärzte verhaftet und deportiert werden, erhält Helmy – selbst als »feindlicher Ausländer« verfolgt – die Möglichkeit, nach einer langen beruflichen Flaute wieder zu praktizieren. Die Patienten vertrauen ihrem Arzt, ganz besonders jüdische, und so gerät Mod Helmy möglicherweise wider Willen in die Rolle, Juden zu retten: Anna Boros, ihre Mutter und ihre Großmutter.

Avidan erzählt, wie er die Spuren fand und welches Bild sie ergeben. Nüchtern beschreibt er die Geschichten der Protagonisten – das große Plus dieses Buches – und zeigt dabei, dass Menschen geholfen haben. Und wie viele nötig waren, um Juden während des Naziterrors zu verstecken. Realistisch verschweigt Avidan nicht, dass räumliche Enge im Versteck zu Stress führte, er erzählt auch von Verrat und Missgunst.

Trickreich Avidan beschönigt nichts und doch liest sich das Buch – wiewohl man das Ende kennt – wie ein Krimi. Nur, dass bei einem Krimi der Täter später gefasst wird. Das ist und kann in Avidans Buch nicht der Fall sein. Nur wenige Nazis wurden ihrer Taten überführt, und es gab Millionen von Opfern. Einer hat in dieser Zeit Mut und Haltung bewiesen, wenn auch mit allen Tricks, die er im Laufe seines Lebens gelernt hatte.

Dem ägyptischen Arzt ist mit Avidans Buch Mod Helmy. Wie ein arabischer Arzt in Berlin Juden vor der Gestapo rettete (dtv, München 2017, 248 S., 20 €) in diesem Jahr schon ein zweites Werk gewidmet. Aber die Geschichte ist es wert, geht sie doch weit über die Figur dieses Mannes hinaus und zeichnet ein eindrucksvolles Bild davon, wie die Zivilgesellschaft von dem Nazi-Regime verändert wurde. Wem Mod Helmy half, mag man selbst nachlesen. Es lohnt sich.

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024

Berlin

Zeichen der Solidarität

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist Gastgeber für eine Gruppe israelischer Kinder

 15.04.2024

Mannheim

Polizei sucht Zeugen für Hakenkreuz an Jüdischer Friedhofsmauer

Politiker verurteilten die Schmiererei und sagten der Jüdischen Gemeinde ihre Solidarität zu

 15.04.2024