Finale

Der Rest der Welt

Bunt, bunter, YouTube-Star

Ein ganz normaler Sonntagnachmittag in der Vorhölle. Ich stecke armtief im klebrigen Pizzateig. Um mich herum bewerfen sich ein paar muntere Drittklässler mit Oliven und Anchovis, da klingelt es an der Tür.

Wie ein Mann rennt der ganze Pizza-Trupp zur Eingangstür – Pizzateig-Fäden und Gemüseteilchen hinter sich herziehend. Vor der Tür stehen ein paar Fünftklässler samt meiner Tochter Emma, sie schleppen einen Kasten Cola und eine Familienpackung Mentos an mir vorbei in meine Wohnung, Richtung Badezimmer. Dort wollen sie ein spektakuläres YouTube-Experiment abziehen: den Cola-Vulkan! YouTube-Experimente sind gerade total angesagt bei den Kleinen.

Pizzateig Begeistert kreischend ziehen sämtliche Kids ins Bad. Ich folge dem Trampelpfad aus Pizzateig und zermatschtem Gemüse. Die Fünftklässler, in Badeanzug und Taucherbrille, haben sich in der Badewanne versammelt, alle anderen beobachten gespannt, wie eine Packung Mentos Stück für Stück in einer Colaflasche verschwindet. Hand auf die Flaschenöffnung, zehn Sekunden warten, Hand weg und: Nichts passiert! Bis auf ein zaghaftes Schäumen aus dem Flaschenhals.

Es folgt bodenlose Enttäuschung. Wieder einmal ein spektakulärer YouTube-Fail. Es ist jedes Mal dasselbe! Letzte Woche zum Beispiel, als die Kids Lava-Lampen selbst machen wollten: Auf YouTube sah das wunderschön aus! Und so einfach! Öl, Wasser und Speisefarbe in eine Flasche, Brausetabletten dazu – fertig! Man konnte wunderschön glibberige bunte Blasen beobachten, die langsam nach oben stiegen, um dort elegant zu zerplatzen. In Wirklichkeit ergab das Experiment nur einen ekligen, siffigen Brei. War ohnehin klar. Aber ich will mal nicht so sein und google deshalb »garantiert völlig idiotensicheres Experiment für Kinder.« Das Ergebnis ist ein Rezept für Fluffy Slime. Flaumige, luftige Knetmasse zum Selbermachen!

Wir leeren also eine Dose Rasierschaum und Bastelkleber in eine Schüssel, das ergibt eine eklige, schleimige Mischung. Eine Viertelflasche Kontaktlinsenlösung, dazu ein paar Tropfen Speisefarbe, und das Ganze verwandelt sich wie durch Magie in eine rosafarbige, samtige, elastische, wohlriechende Masse, die weder klebt noch krümelt. Ich bin ganz hingerissen von meiner eigenen Genialität!

WhatsApp Natürlich posen die Kids gleich mit ihrem neuen fluffigen Freund auf Instagram, WhatsApp und was noch alles, sodass mir in den nächsten Tagen Horden von hoffnungsvollen Schulkindern die Tür einrennen, und ich Rasierschaum, Kleber und Kontaktlinsenflüssigkeit en gros aus dem Internet ordern muss.

Schon bald ist meine Wohnung bis unter die Decke vollgestapelt mit Schleim-Rohstoffen, meine geschäftstüchtige Tochter verkauft das Zeug kistenweise an die gesamte Schule und macht einen Riesenreibach. Da passiert es: So schnell, wie sie begann, ist die Schleim-Manie auch wieder vorbei. Fluffy Slime ist etwas für Babys, und dafür ist Glow-in-the-Dark-Glibber jetzt total in! Das hat eine andere findige Mutter entdeckt: einfach Glow-in-the-Dark Knicklichter aufschneiden und mit Haargel mischen. Cool! Muss gleich mal googeln, wo man das Zeug online kaufen kann!

Bonn

Beethoven-Haus zeigt Ausstellung zu Leonard Bernstein

Die lebenslange Beschäftigung des Ausnahmetalents mit Beethoven wird dokumentiert

 25.04.2024

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024