Aussenminister

Sozialdemokraten und Opfer

Außenminister Sigmar Gabriel Foto: Marco Limberg

Die Antwort von Sigmar Gabriel kam auf dem schnellen Medium Twitter, aber sie kam zu spät. »Sie haben recht. Es muss heißen: ›der Nationalsozialisten‹. Wir bedauern dies sehr!«

So reagierte das Auswärtige Amt Ende April auf die fassungslose Frage eines Twitterers, ob Gabriel in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau (FR) wirklich diesen Satz geschrieben habe: »Sozialdemokraten waren wie Juden die ersten Opfer des Holocaustes.«

gastbeitrag Das hatte der Außenminister anlässlich des Jom Haschoa tatsächlich geschrieben. Es war ein Gastbeitrag, der sowohl in der FR als auch in anderen Blättern der Dumont-Mediengruppe am 26. April erschienen war. Nur in der FR stand allerdings besagter Satz, in der Berliner Zeitung, dem Kölner Stadtanzeiger, der Mitteldeutschen Zeitung und dem Weser-Kurier fehlte er.

»Die hatten schlicht weniger Platz«, heißt es im Auswärtigen Amt. Im Ministerium nimmt der verantwortliche Pressesprecher die Schuld vollständig auf sich. »Ich habe den Text während der Bundespressekonferenz redigiert«, sagt er. Dort seien Fragen zu Gabriels Besuch in Israel und zu seiner Visite der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem gestellt worden. »Ich war in gewisser Weise im Holocaust-Denken.«

So erklärt man den Fehler im Hause Dumont auch. Die längste Fassung sei in der FR erschienen, absprachegemäß in den anderen Blättern nur kürzere Versionen. »Hätten wir es bemerkt, hätten wir es mit dem Auswärtigen Amt abgesprochen«, sagt Steven Geyer, der Redakteur, der den Beitrag betreute. »Das ist uns durchgerutscht.«

bedauern Offiziell beantwortet das Auswärtige Amt die Anfrage so: »Es handelt sich um einen höchst bedauerlichen Fehler bei der Endredaktion, der unverzüglich nach Erkennen korrigiert wurde.«

Dieser Entschuldigung schließt sich die SPD an, wie deren Pressestelle mitteilte. Und Abraham de Wolf, Sprecher des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, vermutet, dass Gabriel die Zeit fehlte, »ein letztes Mal in Ruhe den Text zu lesen«. Dann hätte er den Fehler erkannt, denn er habe sich ja »wegen seiner Familiengeschichte sehr intensiv mit der Schoa auseinandergesetzt«.

Die schnelle Korrektur des Auswärtigen Amtes erfolgte zunächst stillschweigend: Im Onlineauftritt der FR wurde ohne den Hinweis auf den ursprünglichen Fehler aus »Opfer des Holocaust« plötzlich »Opfer der Nationalsozialisten«. Erst später entschloss sich die Redaktion dazu, die Korrektur kenntlich zu machen.

Doch auch an der korrigierten Fassung gibt es Kritik. Schließlich waren neben Juden gerade Kommunisten die ersten Opfer der Verfolgung, nachdem im Januar 1933 die NSDAP die politische Macht übernommen hatte.

juden Im Auswärtigen Amt hat man sich jetzt zu einer Formulierung entschlossen, in der interessanterweise Juden als Opfergruppe nicht mehr vorkommen: »Die Unterdrückungsmaßnahmen der Nazis nach der Machtergreifung gegen die Opposition waren gegen die Vertreter der Arbeiterschaft gerichtet: Kommunisten, Gewerkschafter, aber auch Sozialdemokraten.

Aus diesem Grund war die SPD-Fraktion, die am 23.3.1933 geschlossen gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte, aufgrund von Verhaftungen, Verfolgung und Flucht nicht mehr vollzählig.«

Justiz

Höcke wegen SA-Parole vor Gericht: So war der erste Prozesstag  

Schon mehrfach testete der AfD-Politiker die Grenzen des Sagbaren - nun muss er sich vor Gericht verantworten. Er sagte am ersten Prozesstag nicht aus. Seine Anwälte scheiterten mit Anträgen

von Stefan Hantzschmann  18.04.2024

München

Schoa-Verharmlosung: Amtsgericht verurteilt Ex-Grünen-Stadtrat

Bernd Schreyer wurde vom Amtsgericht München wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt

von Michael Thaidigsmann  18.04.2024

Sachsen

Gedenken an Opfer der Todesmärsche 1945

Ein Zeichen für Demokratie, Frieden und Menschlichkeit wird so gesetzt

 18.04.2024

US-Repräsentantenhaus

»From the river to the sea, Palestine will be free« als antisemitisch verurteilt

Die Parole ruft zur Vernichtung Israels auf, heißt es in der Begründung

 18.04.2024

Berlin

Frau beleidigt und verletzt

Der Täter soll ein judenfeindliches Lied gesungen haben

 18.04.2024

Capri

Baerbock: Iran muss weiter isoliert werden

»Zugleich darf es zu keiner weiteren Eskalation kommen«, sagt die Außenministerin

 18.04.2024

Kunstbiennale

Yael Bartana: »Wir haben so viel zerstört«

»Es ist eine messianische Zeit, in der wir leben«, so die israelische Künstlerin

 18.04.2024

Brandenburg

Keine Einigung auf Antisemitismusbeauftragten

Nun sollen sich die jüdischen Verbände auf Personalvorschläge einigen

 18.04.2024

Internet

Antisemitismus im Netz: Forscher sehen »riesige Dunkelziffer«

Aber in kodierter Sprache ist Judenhass in Online-Kommentarspalten weit verbreitet

 18.04.2024