Interview

»Die Orte des Bösen erhalten«

Günter Morsch Foto: Franka Bruns

Herr Morsch, das Lagertor der Gedenkstätte Dachau mit dem Schriftzug »Arbeit macht frei« war gestohlen und durch ein Replikat ersetzt worden. Das bleibt jetzt dauerhaft. Können Sie die Entscheidung verstehen?
Grundsätzlich gilt die Regel, dass die Originale da bleiben sollen, wo sie sind. Die Besucher erwarten Authentizität. Sie fragen immer: Ist dieses Tor, ist dieser Wachturm, ist diese Baracke original? Immer, wenn wir antworten müssten, dass es sich um Repliken handelt, würde das die Aussagekraft unserer Gedenkstätte schwächen. Auch das Lagertor in Sachsenhausen ist nicht mehr vollständig original erhalten, denn der Schriftzug »Arbeit macht frei« wurde später erneuert. Solche Eingriffe werden bei uns sehr sorgfältig dokumentiert und für die Besucher kenntlich gemacht.

Hatten Sie Angst vor Dieben oder vor rechtsradikalen Angriffen?

Die Furcht vor rechtsextremistischen Angriffen darf nicht das entscheidende Argument sein. Was wir gelegentlich ersetzen müssen, das sind die Dinge, die über die Jahre verfallen. Das Holztor zum Zellenbau haben wir kürzlich erneuert. Auch die Holzbalken, die die Seitenwände des Erschießungsgrabens stützen, müssen etwa alle zehn Jahre ersetzt werden. Wenn originale Relikte in ihrem Bestand gefährdet sind, ist es nicht nur legitim, sondern notwendig, sie aus konservatorischen Gründen in ein Museum oder ins Depot zu überführen.

Ist es nicht ein moralisches Problem, einen Erschießungsgraben instand zu halten?
Solche Ansätze gab es in den 50er-Jahren in Ost und West, aber durch den Verfall oder die Beseitigung der Relikte kann man das Böse nicht aus der Welt schaffen.

Sind Originale für die Erinnerung wichtig?
Ja, denn je mehr die Zeitzeugen verstummen, umso bedeutungsvoller werden die dinglichen und baulichen Zeugnisse. Wie auch schriftliche Quellen fordern sie zu immer neuen Deutungen heraus, die das Verständnis über die Ursachen und Mechanismen des NS-Terrors erweitern. Bei der Errichtung der Gedenkstätten dagegen hat man die Relikte vielfach beseitigt und den Orten neue Deutungen übergestülpt, etwa in der DDR, aber auch in Dachau, wo das Leiden der Häftlinge mit einer christlichen Sinngebung gedeutet wurde. Heute sehen wir das ganz anders: Gerade die Deutungsoffenheit der Relikte ermöglicht erst eine lebendige und auch kontroverse Diskussion über Geschichte, wie es für die Herausbildung eines kritischen Geschichtsbewusstseins unerlässlich ist.

Eine Verherrlichung der Originalbauten befürchten Sie nicht?

Bei der überwältigenden Mehrheit unserer Besucher mit Sicherheit nicht.

Sie müssen also erhalten bleiben?
Ja, denn gerade die Anschaulichkeit an den authentischen Orten hilft jungen Menschen, die für sie bereits ferne Geschichte besser zu verstehen.

Mit dem Leiter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten sprach Martin Krauß.

Frankreich

Spezialeinsatz vor iranischem Konsulat in Paris

Ein Mann soll mit Granaten am Gürtel das Gebäude betreten haben

 19.04.2024

Wiesbaden

Hessen lädt iranischen Generalkonsul aus

Es könne nicht so getan werden, »als ob nichts gewesen wäre«, sagt Manfred Pentz (CDU)

 19.04.2024

Capri

G7 warnen Israel und Iran vor Eskalation

Der Iran wird aufgefordert auf, die Unterstützung der Terrororganisation Hamas zu beenden

 19.04.2024

Nahostkonflikt

»Israel muss iranische Rakete mit Atomsprengkopf fürchten«

John Bolton warnt im NZZ-Interview vor der Verbreitung von Nukleartechnologie durch Nordkorea

 19.04.2024

Meinung

Gezielte Aktionen gegen das iranische Regime werden weitergehen müssen

Warum Teheran nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern auch für die Ukraine ist

von Saba Farzan  19.04.2024

Iran/Israel

Scholz warnt erneut vor Eskalation im Nahen Osten

Es habe »erneut eine militärische Aktivität« gegeben, stellt der Bundeskanzler fest

 19.04.2024

Gmund

Merz: Selbstverteidigungsrecht Israels endet nicht an eigener Grenze

»Die Eskalationsdominanz liegt allein beim Mullah-Regime in Iran«, so der CDU-Chef

 19.04.2024

Antisemitismus

Zentralrat der Juden äußert sich zu Hallervordens Gaza-Video

Das Gaza-Gedicht des Schauspielers wurde in den vergangenen Tagen massiv kritisiert

 19.04.2024

Vereinte Nationen

Amerikanisches Veto gegen UN-Vollmitgliedschaft für Palästina

Die USA sehen Einigung auf eine Zweistaatenlösung als Voraussetzung für eine Anerkennung

 19.04.2024