Meinung

In Unkenntnis der Geschichte

Rami Suliman ist Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden. Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Mit fassungslosem Entsetzen hat die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden die Pressemitteilung der AfD zur Gedenkstätte Gurs zur Kenntnis genommen. Die AfD offenbart eine völlige Unkenntnis der furchtbaren Geschichte der Deportation der badischen Juden im Jahr 1940 nach Gurs. Alleine das Wort »Erinnerungstourismus« zeigt die Geringschätzung und das fatale Geschichtsverständnis der AfD in Hinblick auf die Deportation und Ermordung von über 6000 Juden, die zuvor aus Baden, dem Saarland und Rheinpfalz nach Süd- und Mittelfrankreich deportiert wurden. Das Lager Gurs ist das größte unter 34 Orten in Süd- und Mittelfrankreich, in denen sich Grabstätten von deportierten jüdischen Bürgern finden.

Für die jüdische Religion ist der Erhalt der Grabstätten von zentraler Bedeutung, da sie für »ewig« errichtet werden. Umso schmerzhafter war es für uns zu erfahren, dass im Lauf der letzten Jahrzehnte immer mehr jüdische Gräber in Frankreich eingeebnet wurden.

Vereinbarung In Verhandlungen mit dem Land Baden-Württemberg konnte am 22. Oktober 2015 – genau 75 Jahre nach der Deportation – eine Vereinbarung abgeschlossen werden, die ein würdiges Erinnern an die ermordeten jüdischen Bürger gewährleistet und für die Zukunft bewahrt. Mit hohem Einsatz sorgt der Oberrat für die Renovierung und Sicherung der Grabstätten.

Zudem ist es uns ganz wichtig, dass Jugendliche regelmäßig an Fahrten nach Frankreich zu den Grab- und Gedenkstätten teilnehmen. Nur so bleibt das historische Geschehen präsent und nachvollziehbar. Die Erinnerung an die Schoa gehört zu den unumstößlichen Fundamenten der Erinnerungspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Wir als Israelitische Religionsgemeinschaft Baden sind dem Land Baden-Württemberg für die getroffene Vereinbarung und Unterstützung sehr dankbar, denn auf diese Weise gewährleistet man, dass die Namen der Opfer unvergessen bleiben und die Grabstätten gesichert werden können.

So kann sichergestellt werden, dass nicht passiert, wovor Ignatz Bubis sel. A. einst warnte: »Wer die Namen der Opfer vergisst, tötet diese ein zweites Mal.«

Der Autor ist Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden.

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Tipps von Jewrovision-Juror Mike Singer

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt.

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024

Porträt der Woche

Die Kreative

Mona Yahia stammt aus dem Irak, spricht viele Sprachen, ist Künstlerin und Autorin

von Christine Schmitt  24.03.2024