Meinung

Joachim Gauck – ein würdiger Präsident

Das scheidende Staatsoberhaupt hat sich als verlässlicher Freund erwiesen

von Maram Stern  16.01.2017 18:09 Uhr

Maram Stern Foto: Marco Limberg

Das scheidende Staatsoberhaupt hat sich als verlässlicher Freund erwiesen

von Maram Stern  16.01.2017 18:09 Uhr

Deutschland hatte bislang Glück mit seinen Bundespräsidenten. Alle sind dem Anspruch, überparteilich zu amtieren und die bundesrepublikanische Demokratie als Ganzes zu repräsentieren, gerecht geworden. Und doch hat ein jeder andere Akzente gesetzt.

Mit Joachim Gauck, dessen Amtszeit zu Ende geht, hatte Deutschland fünf Jahre lang ein im wahrsten Sinne würdiges Staatsoberhaupt. Gauck repräsentierte das Land nicht nur würdevoll, sondern stellte den Schutz der Menschenwürde, wie er im ersten Artikel des Grundgesetzes verankert ist, in den Mittelpunkt seines Handelns. In der Flüchtlingsdebatte zeigte er dies besonders.

redner Gauck ist ein begnadeter Redner. Und er hat etwas zu sagen. Seine Botschaften lassen sich aber nicht oder nur schwer auf 140 Zeichen auf Twitter reduzieren. Dennoch sind sie klar und eingängig. Er war ein Präsident, der nicht polarisieren wollte wie andere und dennoch klar Stellung bezog, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, für Offenheit, Toleranz und Miteinander. Leider gibt es eine wachsende Minderheit in Deutschland, die sich lieber die Ohren zuhält oder politischen Rattenfängern hinterherläuft. Aber das dem Bundespräsidenten anzukreiden, wäre falsch.

Auch aus jüdischer Sicht war Gauck ein guter Präsident: Er maß dem Gedenken an den Holocaust jenen hohen Stellenwert bei, der dem Thema angesichts der grassierenden Vergesslichkeit zukommen muss. Er hörte den Menschen zu, auch den Überlebenden. Und er ist ein Freund Israels.

befürchtung Manche Befürchtung von vor fünf Jahren stellte sich im Nachhinein als grundlos heraus. Die jüdische Gemeinschaft hätte sich sicherlich gewünscht, dass der Bundespräsident in der Beschneidungsdebatte 2012 deutlich Stellung bezogen hätte. Er hat es nicht getan und mag dafür gute Gründe gehabt haben. Dennoch war der evangelische Pastor Gauck, der zuvor nie ein hohes politisches Amt innegehabt hatte, als Staatsoberhaupt auch für jüdische Bürger ein guter Präsident.

Sein Nachfolger Frank-Walter Steinmeier, ein versierter und erfahrener Politiker, hat ein anderes Profil. Aber es gibt keinen Grund zur Annahme, dass er es weniger gut machen wird. In Zeiten zunehmender medialer Aufgeregtheiten und der Verkürzung politischer Themen auf populistische Phrasen sind besonnene, aber gleichzeitig standfeste und berechenbare Präsidenten genau das Richtige für ein Land wie Deutschland.

Der Autor ist stellvertretender Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses (WJC) und leitet das Europabüro des WJC in Brüssel.

Justiz

Höcke wegen SA-Parole vor Gericht: So war der erste Prozesstag  

Schon mehrfach testete der AfD-Politiker die Grenzen des Sagbaren - nun muss er sich vor Gericht verantworten. Er sagte am ersten Prozesstag nicht aus. Seine Anwälte scheiterten mit Anträgen

von Stefan Hantzschmann  18.04.2024

München

Schoa-Verharmlosung: Amtsgericht verurteilt Ex-Grünen-Stadtrat

Bernd Schreyer wurde vom Amtsgericht München wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt

von Michael Thaidigsmann  18.04.2024

Sachsen

Gedenken an Opfer der Todesmärsche 1945

Ein Zeichen für Demokratie, Frieden und Menschlichkeit wird so gesetzt

 18.04.2024

US-Repräsentantenhaus

»From the river to the sea, Palestine will be free« als antisemitisch verurteilt

Die Parole ruft zur Vernichtung Israels auf, heißt es in der Begründung

 18.04.2024

Berlin

Frau beleidigt und verletzt

Der Täter soll ein judenfeindliches Lied gesungen haben

 18.04.2024

Capri

Baerbock: Iran muss weiter isoliert werden

»Zugleich darf es zu keiner weiteren Eskalation kommen«, sagt die Außenministerin

 18.04.2024

Kunstbiennale

Yael Bartana: »Wir haben so viel zerstört«

»Es ist eine messianische Zeit, in der wir leben«, so die israelische Künstlerin

 18.04.2024

Brandenburg

Keine Einigung auf Antisemitismusbeauftragten

Nun sollen sich die jüdischen Verbände auf Personalvorschläge einigen

 18.04.2024

Internet

Antisemitismus im Netz: Forscher sehen »riesige Dunkelziffer«

Aber in kodierter Sprache ist Judenhass in Online-Kommentarspalten weit verbreitet

 18.04.2024