Frankfurt

Netzwerk der Hilfe

Der Glückspilz des Abends hieß Noam. Er trug schon schwer an all den Gewinnen aus der Tombola, da wurde sein Name erneut ausgerufen: Zwei Nächte im Hotel »Hilton« in Tallinn hatte der IT-Experte dieses Mal gewonnen. Nach dieser freudigen Aufregung wollte Noam endlich das tun, weshalb er jedes Jahr vor allem zur Eröffnung des WIZO-Basars in das Frankfurter Gemeindezentrum kommt: die Bananenkisten in der hinteren Ecke des Festsaals in Ruhe nach interessanten Büchern durchforsten.

Doch schon wieder kam ihm das Glück in die Quere. Denn während er in zahlreichen Werken auf Deutsch, Iwrit und Englisch blätterte, wurde im Erdgeschoss erneut sein Name gerufen: »Wo ist Noam? Du hast einen Hauptpreis gewonnen!« Auch bei der Tombola der Young WIZO war es wieder der mit seiner Unterschrift verzierte Fünf-Euro-Schein, der aus der gläsernen Lostrommel gefischt wurde. Jetzt hatte er auch noch zwei Freikarten für das Länderspiel Deutschland–England im März 2017 gewonnen.

Oberbürgermeister Als der Schirmherr, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), am Samstagabend seine Ansprache mit dem Satz beendete, er erkläre den Basar nun offiziell für eröffnet, gingen seine Worte fast in der hektischen Geschäftigkeit unter, die nur für einige Augenblicke aus Höflichkeit unterbrochen worden war. Und noch während der Applaus verhallte und der OB die Stufen von der Bühne hinunterstieg, setzte der Tombola-Betrieb munter wieder ein, wurden weiter Hunderte von Losen verkauft und Gewinne im Akkord ausgegeben.

Denn schon lange vor der offiziellen Begrüßung drängten sich im Festsaal und im Korridor davor die Menschen und schoben sich gegenseitig an den voll gepackten Ständen vorbei. Auch bei den Autorinnen Gila Lustiger und Bärbel Schäfer, die ihre Bücher signierten, bildeten sich ganze Trauben von Leserinnen und Lesern. Im Erdgeschoss, wo man sich am Kuchenbuffet und Falafel-Stand für den Kampf ums Schnäppchen stärken oder an der Cocktailbar der Young WIZO bei einem Drink vom Kaufrausch erholen konnte, herrschte ebenfalls Hochbetrieb.

Für Paulina Altmann, die ihren Dienst am Kuchenstand versah, bedeutet dieser Boom keinen Stress, sondern Glück: »Wir haben so kurz nach der Eröffnung schon so viel verkauft, dass wir dieses Mal ganz bestimmt unser Rekordergebnis von 2015 übertreffen werden«, freute sie sich.

Bilanz
Und tatsächlich: Am Ende des Abends, als sie und ihre Mitstreiterinnen erschöpft, aber zufrieden alles aufgeräumt und für den Ansturm des nächsten Tages vorbereitet hatten, konnten sie bereits ein Umsatzplus von 300 Euro gegenüber dem Vorjahr vermelden. »Sonntags wird meist noch viel mehr Kuchen gegessen«, weiß die Ärztin aus jahrelanger Erfahrung. Ihr und allen anderen etwa 100 ehrenamtlichen Helferinnen der WIZO ist die Freude darüber, dass die Geschäfte dermaßen gut laufen, deutlich anzusehen.

Kein Wunder: Denn bei der WIZO ist der Umsatz immer auch der Reingewinn. So wird auch dieses Mal der Erlös des Basars zu 100 Prozent die Arbeit des Theodor-Heuss-Zentrums in Herzliya unterstützen. Simone Graumann, Präsidentin der WIZO Deutschland, sprach denn auch von einem »Feuersturm an Temperament, Leidenschaft und Kraft«, um das enorme Engagement der WIZO-Frauen zu charakterisieren.

Für sie bedeutete die Eröffnung des Basars Heimspiel und Premiere zugleich: Seit März 2015 im Amt, hatte Simone Graumann im vergangenen Jahr aus Termingründen nicht am Basar in ihrer Heimatgemeinde Frankfurt teilgenommen, weil sie nach München reisen musste. Dieses Mal ist es anders: Sichtlich entspannt und gut gelaunt begrüßte die Präsidentin als erste Rednerin alle Anwesenden und zitierte ihren Mann, den ehemaligen Zentralratspräsidenten Dieter Graumann, der das Geldsammeln der WIZO-Frauen für Israel einmal als »Schnorren auf hohem Niveau« bezeichnet hat.

Begeisterung Die WIZO, so Feldmann in seiner Ansprache, sei eben wie Frankfurt: »international, engagiert und begeisternd«. Der SPD-Politiker forderte, dass die »Solidarität mit Israel nicht nur bei den politischen Eliten und in Festreden, sondern vor allem im Alltag« stattfinden müsse.

Leo Latasch begrüßte als Mitglied des Gemeindevorstands die Gäste und verwies – nicht ohne lokalpatriotischen Stolz – darauf, dass die letzten drei Präsidentinnen der WIZO Deutschland, Rachel Singer, Diana Schnabel und Simone Graumann, Frankfurterinnen sind. Überdies hatte er einen Scheck mit einer Spende der Gemeinde mitgebracht, um den Erlös aus dem Basar nach oben abzurunden. Und Elke Tafel-Stein, wirtschaftspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Frankfurter Stadtparlament und ebenfalls Schirmherrin des Basars, erklärte, sie sei stolz, der WIZO als dem größten Frauennetzwerk der Welt anzugehören.

Tschechien Wie prächtig dieses Netzwerk funktioniert, beweist schon die Organisation des Basars. Denn alle Kleider-, Spielzeug-, Bücher- und Hausartikelspenden, die nach den zwei Verkaufstagen noch übrig geblieben sind, gehen nach Prag. »Dort werden sie in der Jüdischen Gemeinde verkauft«, berichtet Susanna Bisicky, die selbst aus Prag stammt. »Der Gemeindekindergarten freut sich besonders über das schöne Spielzeug aus Deutschland«, weiß sie. »Der Erlös geht auch wieder nach Israel. Und was nicht verkauft wird, erhalten karitative Einrichtungen, die sich um tschechische Kinder in Not bemühen.«

Genau dieses perfekte Räderwerk der Hilfsbereitschaft ist es, was Ajnes überzeugt. Die Pariserin ist extra nach Frankfurt angereist, um beim Basar zu helfen. Jetzt steht sie zwischen Kleiderständern voller Secondhand-Designermode, berät unschlüssige Kundinnen und hängt gelassen unzählige Jacken, Hosen, Kleider und Kostüme zurück auf ihre Bügel. Es sind Frauen wie Ajnes, die den Geist, die Stärke und den Erfolg der WIZO ausmachen.

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