DSDS-Talent

Rundum überzeugend

Früher führte Tallana Gabriel ein koscheres Restaurant, heute singt und modelt sie

von Christine Schmitt  22.02.2016 19:32 Uhr

Lebt inzwischen wieder in Berlin: Jazzsängerin Tallana Gabriel Foto: Uwe Steinert

Früher führte Tallana Gabriel ein koscheres Restaurant, heute singt und modelt sie

von Christine Schmitt  22.02.2016 19:32 Uhr

Alles begann mit einer verlorenen Wette. Tallana Gabriel hatte mit einer Freundin darauf getippt, dass ein befreundetes Ehepaar wieder zueinanderfinden würde. Ihr Einsatz für den Fall einer Trennung: die Bewerbung bei einer Talentshow. Doch das Ehepaar ließ sich unerwartet scheiden, und Tallana Gabriel blieb nichts anderes übrig, als ihre Wette einzulösen. Sie reiste nach Köln, um sich bei der RTL-Talentshow Deutschland sucht den Superstar (DSDS) casten zu lassen.

»Eigentlich wollte ich ja zu The Voice«, gibt die 40-Jährige unumwunden zu. Doch da war der Bewerbungsschluss schon abgelaufen. Bei DSDS mit Jurychef Dieter Bohlen hingegen lag sie noch gut in der Zeit. Direkt nach ihrem Auftritt hielt sie den gelben Zettel für den sogenannten Recall, die nächste Stufe im Wettbewerb, in der Hand. Alles sei »sehr schnell« gegangen.

chance In diesem Jahr heißt das DSDS-Motto »No Limits«, weshalb auch 40-jährige Opern- oder Jazzsängerinnen wie Tallana ihr Können zeigen dürfen. Erlaubt ist alles. »Das ist meine Chance«, sagt Tallana.

Tallana Gabriel kam als Teenager mit ihrer Familie nach Berlin. In New York studierte sie später Musik mit dem Schwerpunkt Jazz. Zurück in Berlin, trat sie unter anderem mit der Big Band von Boris Rosenthal in der Philharmonie auf.

Parallel dazu versuchte sie sich in anderen Geschäftsmodellen, darunter einer koscheren Bäckerei in der Konstanzer Straße sowie dem Gemeinderestaurant »It’s Gabriel« in der Fasanenstraße, das sie mehrere Jahre lang betrieb.

Vor vier Jahren schloss sie das Restaurant und zog zu ihrem Mann nach Moskau. Die Ehe gehört mittlerweile der Vergangenheit an, ebenso wie Ausflüge in die Gastronomie. Von ihrem Mann hat sich Tallana inzwischen getrennt und lebt wieder in Berlin, um als Sängerin Fuß zu fassen.

erfrischend Etwa 40.000 Jugendliche und Erwachsene bewerben sich in diesem Jahr bei DSDS um den Titel und den damit verbundenen Plattenvertrag. Tallana Gabriel trat mit der Startnummer 30.648 an – in schlichtes Schwarz gekleidet, mit langen, rot lackierten Fingernägeln und rotem Lippenstift schritt sie selbstbewusst vor die Jury und verwickelte Dieter Bohlen erst einmal in ein langes Gespräch, das nur stark gekürzt ausgestrahlt wurde.

»Er ist keine Sekunde langweilig«, sagte sie später nach ihrem Auftritt über Bohlen. Vor ihrer Performance erzählte sie ihm erst einmal, dass sie vor 20 Jahren in Moskau auf einem seiner Konzerte war. »Für uns waren Sie damals Helden«, sagte sie.

Nach 40 Minuten – so lange dauerte das Gespräch mit den Juroren – nahm die ausgebildete Jazzsängerin schließlich das Mikrofon in die Hand und legte mit dem Tina-Turner-Song »Simply the best« los. Jury-Mitglied und Scooter-Frontman H.P. Baxxter habe mit offenem Mund ihren Auftritt verfolgt, so beeindruckt sei er gewesen, erzählt Tallana.

powerfrau Der Sänger bescheinigte ihr »Power, eine voluminöse Stimme und einfach eine erfrischend positive Art«. Dieter Bohlen habe zu ihr gesagt: »Tina hat einfach Rotz in der Stimme, und der fehlt dir. Du singst, wie du aussiehst – wie eine Powerfrau mit einer fetten Stimme. Aber Powerfrauen haben wir nicht so viele.«

Im März geht es für Tallana mit den nächsten Auftritten weiter. Ob sie zu den Top 20 gehören wird, ist derzeit noch ungewiss. Erst im April wird der Titel unter den letzten verbliebenen Kandidaten ausgesungen. Alle Redakteure und Betreuer bei DSDS seien sehr nett gewesen, sagt die gebürtige Moskauerin. Drei Songs sollte sie mitbringen, von denen gemeinsam einer ausgesucht wurde. Die Atmosphäre beschreibt sie als »sehr angenehm«.

»Bei diesem Format geht es mehr um das Gesamtpaket, ob derjenige mit seinem Charisma und seiner Bühnenpräsenz überzeugt«, sagt Tallana Gabriel. Die Stimme sei dabei nicht immer das Entscheidende. Sie habe das Casting »gar nicht so ernst genommen« und sei dorthin gegangen wie zu einem »Einkauf bei einem Bäcker«. Es in den Recall zu schaffen, hatte sie nicht erwartet. Doch nun freut sie sich erst einmal riesig, weiter dabei sein zu können.

diskriminierung Mittlerweile ist sie sich sicher, was sie will: Neben dem Singen modelt Tallana für Übergrößen, was für sie außer der Musik und dem Gesang mittlerweile ebenfalls zur Berufung geworden ist. »Ich bin sehr gefragt, und viele Labels wenden sich an mich.«

Aus ihrer Sicht setzen sich immer mehr korpulentere Frauen gegen Diskriminierung ein. »Viele denken, dass sie nicht gut genug sind und den Ansprüchen nicht gerecht werden«, begründet Tallana ihre Motivation.

Sie hofft, dass sie ein Vorbild werden kann für junge Menschen, die sich »aus falschen Gründen nicht gut in ihrer Haut fühlen«. Mit ihren öffentlichen Auftritten – egal ob als Sängerin oder Model – möchte sie zeigen, dass »Erfolg, Liebe und Sex« nicht vom Gewicht abhängig sind. »Endlich liebe ich mich so, wie ich bin«, sagt sie.

Das sollen auch andere von sich behaupten können. Jedes Kind habe Komplexe, meint sie. Ihr sei es da nicht anders ergangen. Zudem würden die Medien suggerieren, dass nur dünne Frauen schön sind. »Wir müssen uns nicht mehr verstecken«, sagt sie selbstbewusst.

ankommen In diesem Jahr ist sie in die Jury von »Fräulein Kurvig« eingeladen, einer Art Misswahl für »Deutschlands schönste Kurven«, bei der die schönste füllige Frau ausgesucht werden soll. »Ich bin schon dabei, die Hymne für die Gala zu schreiben«, sagt Tallana begeistert.

Sie schreibt Lieder, die für Selbstliebe und Anerkennung plädieren. »Ich will Menschen den Mut geben, sich so zu zeigen, wie sie sind, ohne sich für ihr Gewicht und Aussehen schämen zu müssen.«

Am liebsten lebt sie derzeit aus dem Koffer – Tallana ist leidenschaftlich gerne unterwegs. Im Flieger sei sie »eine glückliche Person«. Egal wohin, Hauptsache, sie kommt an. »Jeder verbindet mit dem Ankommen, dass es jetzt besser ist als vor zwei Stunden«, sagt die Künstlerin. Doch sie fühlt sich dort zu Hause, wo sie glücklich ist.

Im März wird sie ihren Koffer wieder in Köln auspacken – und hofft, Dieter Bohlen und die anderen Jurymitglieder überzeugen zu können. Als »Gesamtpaket«.

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