Kopenhagen

»Ein großer Mann«

Montagabend in Hørsholm Hallen, eine Sporthalle nördlich von Kopenhagen. Die zwei Basketball-Teams Hørsholm und Vanløse stehen mit gensenkten Köpfen. Die Spieler tragen Trauerbänder, die 900 Zuschauer sind grau und schwarz gekleidet, auf der Tribüne sieht man neben Dannebrog, der dänischen Fahne, auch die israelische. Vor dem Anpfiff wird ein Gedenkwort gelesen. Für Dan Uzan, einen außergewöhnlichen Menschen.

»Wir haben einen großen Spieler und eine große Persönlichkeit verloren. Weite ist wohl das Wort, das am besten Dan beschreibt. Bei ihm gab es Platz für alle. Er war geliebt, nicht nur, weil er so offensichtlich frei von Vorurteilen war, sondern auch für seine Fürsorge und sein aufrichtiges Interesse für alle, die er in seinem Leben hatte«, hieß es. Noch nie war es wohl so still in der Halle wie bei der Schweigeminute.

Wachmann Dan Uzan war 37 Jahre alt, als er Samstagnacht vor der Synagoge in der Innenstadt von Kopenhagen erschossen wurde. Er stand als Wachmann vor dem Gotteshaus. An diesem Abend war die Gemeinde für eine Batmizwa-Feier zusammengekommen, und 80 Menschen feierten Hannahs großen Tag in den Gemeinderäumen hinter der Synagoge. Seitdem ist Dan Uzan ein Held.

Der Sohn einer dänischen Mutter und eines israelischen Vaters wurde am 2. Juni 1977 geboren und wuchs in Hvidovre, einem Vorort von Kopenhagen, auf. Er ging auf die jüdische Carolineskolen, wo er aktiv und mit ausgeprägtem Teamgeist Fußball spielte. Er nahm an fünf Makkabiaden als Torwart teil.

Basketball Die jüdische Gemeinde in Dänemark nennt Dan »ein Kind der Gemeinde«. Am Tag nach dem Attentat liegt vor der Synagoge ein Berg von Blumen. Dänen sind von überall her gekommen und haben Sträuße niedergelegt. Manche haben Kerzen angezündet, jemand hat einen Basketball dazwischen gelegt.

Ein älteres Ehepaar aus der Gemeinde sagt ein Gebet für Dan. »Er war immer froh. Immer hilfsbereit«, sagt der Mann. Seine Frau findet keine Worte. Heidi Laura, ein anderes Gemeindemitglied, fügt hinzu: »Dan war auch ehrenamtlich engagiert, hat sich für muslimische Jugendliche in Nordwest-Kopenhagen eingesetzt und sich oft mit ihnen unterhalten.«

Universität Dan studierte Politologie und erwarb seinen Abschluss an der Universität in Kopenhagen. Der Sport blieb ihm aber immer wichtig. Mit einer Größe von 2,05 Meter wurde er selbstverständlich Basketballspieler und spielte bis vor zehn Jahren im Klub Hørsholm in der ersten Liga.

Er war immer noch sehr präsent im Klub, wo er bei den »Old Boys« spielte. Bei dem Spiel Montagabend war auch sein Cousin Fleming Voetmann in der Sporthalle. Er sagt dem dänischen Staatsfernsehen: »Die Sporthalle war Dans zweites Zuhause. Es ist sehr bewegend für die ganze Familie, was der Klub heute Abend für Dan macht. Es ist ein kleiner Trost zu spüren, dass die Menschen uns so unterstützen. Für die ganze Familie, aber vielleicht besonders für seine Eltern, gibt das eine kleine Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit.«

Voetmann wird seinen Cousin so in Erinnerung behalten, wie er war: »Einer der liebenswürdigsten Menschen der Welt. Er war friedlich, hat sich immer freiwillig gemeldet und ist vorne gegangen. Es ist alles ganz sinnlos, aber irgendwie macht es doch auch Sinn, dass Dan jetzt hier vorne war.«

Film

Ein bescheidener Held

»One Life« erzählt die Geschichte von Nicholas Winton, der Kindertransporte von der Tschechoslowakei nach Großbritannien organisierte

 29.03.2024

New York

Ex-Krypto-König Bankman-Fried soll für 25 Jahre ins Gefängnis

Noch vor zwei Jahren wurde Sam Bankman-Fried als Finanzgenie und Galionsfigur einer Zukunftswelt des Digitalgelds gefeiert. Nun soll er als Betrüger mehr als zwei Jahrzehnte hinter Gittern verbringen

von Andrej Sokolow  28.03.2024

Interview

Der Medienschaffer

Der Ausnahmejournalist und Unternehmer Roger Schawinski über Erfolg, Judenhass und den 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  28.03.2024

Nachruf

Joe Lieberman stirbt mit 82 Jahren

Fast ein Viertel Jahrhundert lang setzte er sich als Senator auch für jüdische Belange ein

von Imanuel Marcus  28.03.2024

USA

Bildhauer Richard Serra gestorben

Für mehr als 100 öffentliche Orte schuf er Skulpturen – von Philadelphia und St. Louis bis Bochum und Kassel

 27.03.2024

Moskau

Evan Gershkovich bleibt in Untersuchungshaft

Putin will den inhaftierten US-Journalisten gegen russische Gefangene auszutauschen

 26.03.2024

Glosse

Woher stammt der Minderwertigkeits-komplex vieler Schweizer gegenüber Deutschen?

Und was verbindet die Identitätskarte mit der Rappenspalterei?

von Nicole Dreyfus  25.03.2024

Schweiz

Antisemitismus-Problem an Schulen

Die Zahlen sind erschreckend, doch die Stadt Bern wiegelt ab. Und jüdische Eltern verlieren das Vertrauen

von Nicole Dreyfus  24.03.2024

Großbritannien

»Beste Wünsche für eine Refua Schlema«

Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis und das Board of Deputies wenden sich nach ihrer Krebsdiagnose an Prinzessin Kate

 24.03.2024 Aktualisiert