Glossar

Beschert

Im Idealfall steht man neben seinem Beschert unter der Chuppa. Foto: Flash 90

Im jüdischen Volksmund bedeutet der Begriff »beschert« oder »baschert« so viel wie: »von G’tt bestimmt«. Wenn sich jemand auf ein Ereignis als »beschert« bezieht, meint er, dass die unsichtbare Hand G’ttes im Spiel war. Oft wird »beschert« im Zusammenhang mit einem g’ttlich vorherbestimmten Ehepartner verwendet. Im modernen Sprachgebrauch suchen jüdische Singles ihren »Beschert«, also jemanden, der nur für sie bestimmt ist und mit dem sie sich gegenseitig zu ihrem persönlichen Glück perfekt ergänzen.

Nach einer Aggada im Talmud (Traktat Sota 2a) lehrte Raw Jehuda, dass 40 Tage, bevor der männliche Embryo gezeugt wird, eine Stimme vom Himmel verkündet, wessen Tochter er heiraten wird – als ob ein Schidduch im Himmel bestimmt wurde.

Nachmanides, der Ramban (1194–1270), erklärt in seinem Emuna U’Bitachon (Kapitel 24), dass G’tt die Seele, deren Zeit gekommen ist, um in dieser Welt geboren zu werden, in eine weibliche und eine männliche Hälfte teilt. Wenn diese Hälften in der Ehe wieder zusammentreffen, gelangen sie zu ihrer ursprünglichen Verbindung und Liebe zurück.

Ehe Die Suche nach dem Beschert, nach dem wahrhaft Seelenverwandten, muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Ehe auch immer gelingen wird. Wie alles im Leben erfordert sie von beiden Ehepartnern Engagement, Mühe, Energie und Kompromissbereitschaft. Selbst wenn zwei Menschen füreinander bestimmt sind, ist es durchaus möglich, dass die Beziehung nicht funktioniert. Das ist ja auch der Grund, warum das Judentum die Scheidung ermöglicht.

Im talmudischen Traktat Mo’ed Katan (18b) heißt es: Wir können anhand von Versen in der Tora, den Propheten und den Schriften beweisen, dass die Ehe von G’tt vorbestimmt ist, wie im Wochenabschnitt Chaje Sara zu lesen ist. Dort finden wir eine schöne Geschichte über Awrahams treuen Diener Elieser und den Schidduch, den er zwischen Jizchak, dem Sohn seines Herrn, und Riwka einfädelt. Riwkas Vater Betuel und ihr Bruder Laban erwidern auf Eliesers Heiratsantrag: »Das kommt vom Herrn (…); da ist Riwka vor dir, nimm sie und zieh hin, dass sie die Frau sei des Sohnes deines Herrn, wie der Herr geredet hat« (1. Buch Mose 24, 50–51).

Im Buch der Richter (14,4) lesen wir von Samson, der eine Philisterfrau heiraten wollte: »Aber sein Vater und seine Mutter wussten nicht, dass es von G’tt kam« (14,4). Und in den Sprüchen: »Haus und Güter vererben die Eltern; aber eine vernünftige Frau kommt vom Herrn« (19,14). In der Schöpfungsgeschichte sagt G’tt: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; Ich werde für ihn (Adam) eine Gehilfin erschaffen, die um ihn sei« (1. Buch Mose 2,18). Der Talmud (Jewamot 63a) interpretiert diesen Vers folgendermaßen: Wenn der Mann es wert ist, wird ihm die Frau eine Hilfe sein; wenn er unwürdig ist, wird sie gegen ihn sein.

Seelenverwandt Unsere Weisen lehren: Eines der Hauptziele der Ehe ist, dass die beiden zusammengeführten »Halb-Seelen« nicht nur eine gute jüdische Familie gründen und Kinder erziehen, sondern dass sie gemeinsam lernen, mit verschiedenen spirituellen und anderen Herausforderungen umzugehen und daran wachsen.

Es kann also durchaus jemandem beschert sein, einen Partner zu heiraten, der nicht perfekt ist, der aber aufgrund seiner Unvollkommenheit geeignet sein könnte, eine maximale geistig-seelische Entwicklung in der gemeinsamen Beziehung zu fördern. Man könnte sogar sagen: Der mächtigste Ansporn für spirituelles Wachstum eines Menschen ist die Ehe. Wie einst ein weiser Rabbi zu einem Mann sagte: »Behandle deine Frau gut – sie ist deine Eintrittskarte in die kommende Welt.«

Die Kabbala lehrt: Wenn wir es verdienen, dann teilen wir das Leben zusammen mit unserem Beschert nicht nur in dieser zeitlich begrenzten Welt, sondern für alle Ewigkeit.