Nahost

Kein bisschen Frieden

Freilassung von Terroristen? Israelis demonstrieren gegen die Freilassung palästinensischer Häftlinge. Foto: Flash 90

In der Nacht zum Dienstag setzte sich Israels Chefunterhändlerin, Justizministerin Zipi Livni, noch einmal mit ihrem palästinensischen Kollegen Saeb Erekat zusammen, auch US-Vermittler Martin Indyk war dabei. Es habe leichte Anzeichen eines Fortschritts gegeben, hieß es im Anschluss. Es bestünden weiterhin große Meinungsverschiedenheiten, beide Seiten seien jedoch bemüht, diese zu beheben.

Im Klartext heißt das: An dem bisherigen verfahrenen Zustand hat sich nichts geändert. Es war ein erneuter – vielleicht letzter – Versuch, von den Friedensgesprächen zu retten, was noch zu retten ist. Und das ist herzlich wenig.

Nach fast neun Monaten Verhandlungen unter der Aufsicht von US-Außenminister John Kerry haben sich beide Parteien in keinem der strittigen Punkte einigen können – weder bei Siedlungsbau, Rückkehrrecht der Palästinenser, künftigen Grenzen, dem Status von Jerusalem noch der Anerkennung Israels als jüdischem Staat. Nun scheint eine von den USA angestrebte Verlängerung der Gespräche über den April hinaus aussichtslos.

blockade Vor allem die Entscheidungen der vergangenen Woche, die beide Parteien getroffen hatten, führten zur jetzigen Krise und sind Ausdruck einer fortgesetzten gegenseitigen Blockadestrategie. So hatte Israel die vierte und letzte Gruppe von 26 palästinensischen Häftlingen zunächst nicht – wie vereinbart – freilassen wollen. Zum einen hatte die innerhalb der Regierungskoalition schon immer umstrittene Freilassung in der Vergangenheit auch in der Bevölkerung für Unmut gesorgt.

Zum anderen wollte Israel einen Beweis für die Ernsthaftigkeit der Palästinenser: Sie sollten sich zuerst bereit erklären, die Friedensgespräche zu verlängern. »Wir alle müssen Entscheidungen treffen und beweisen, dass wir ein Abkommen und einen echten Frieden anstreben«, sagte Livni im Zusammenhang mit der Entscheidung.

Dass Israel die Freilassung an diese Bedingung knüpfte, veranlasste die Palästinenser dazu, den Spieß einfach umzudrehen: Erst wenn Israel die Gefangenen auf freien Fuß setze, werde man die Gespräche fortführen. Laut einer aktuellen Umfrage sieht die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung derzeit die Freilassung der Häftlinge als einzig messbares Ergebnis der Gespräche.

druck Der Druck auf Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist deshalb groß. Vergangene Woche setzte er daher auf internationaler Ebene den Kampf um einen eigenen Staat fort: Er beantragte den Beitritt zu 15 UN-Organisationen und internationalen Verträgen. Abbas begründete den Schritt damit, dass Israel sich nicht an die Vereinbarungen gehalten habe.

Daraufhin drohte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Palästinensern wegen ihrer diplomatischen Offensive mit Gegenmaßnahmen. »Auf einseitige Schritte der Palästinenser werden wir mit eigenen einseitigen Schritten reagieren«, sagte er. Es war seine erste offizielle Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen. Zugleich betonte der Premier, Israel sei an einer Fortsetzung der Friedensgespräche interessiert – allerdings nicht um jeden Preis.

Es seien die Palästinenser selbst, die durch ein derartiges Vorgehen viel zu verlieren hätten, betonte Netanjahu: »Sie werden einen eigenen Staat nur durch direkte Verhandlungen und nicht durch leere Erklärungen oder einseitige Schritte erzielen.«

rückzug Beide Konfliktparteien versuchen nun, die Verantwortung für das Scheitern der anderen Seite zuzuschieben. Davon abgesehen sind die Beteiligten relativ gelassen, vielleicht weil sie nichts anderes erwartet haben. Nur die Amerikaner sind enttäuscht und haben einen Rückzug als Vermittler angedeutet. »Es gibt Grenzen für den Zeit- und Energieaufwand, den die Vereinigten Staaten investieren können, wenn die Parteien selbst unwillig sind, konstruktive Schritte zu machen«, sagte Außen-
minister John Kerry bei einem Besuch in Marokko. Es sei Zeit für einen »Realitäts-Check«. Am Dienstag traf sich Kerry mit US-Präsident Barack Obama, um das weitere Vorgehen der USA zu beraten.

In Israel hat indessen eine Diskussion über eventuelle Neuwahlen begonnen. Angestoßen hat sie Außenminister Avigdor Lieberman. Bei einem Besuch in New York sagte er, bevor Israel wieder Terroristen auf freien Fuß setze, solle der Premier lieber Neuwahlen ausrufen. »Wir lassen uns nicht erpressen.«

Die Oppositionsparteien begrüßten den Vorschlag, berichtete die Zeitung Yedioth Ahronoth. Isaac Herzog (Awoda) forderte Yair Lapid (Jesch Atid) und Zipi Livni (Hatnua) auf, die Regierungskoalition zu verlassen. »Lieberman hat recht. Wir sollten die Bürger fragen.«

Diese zeigen bislang wenig Interesse und Optimismus – auf beiden Seiten: Jüngsten Umfragen zufolge glaubten drei Viertel der Bevölkerung im Westjordanland, ein eigener Staat werde in den kommenden fünf Jahren nicht erreicht. Und in Israel sind 69 Prozent der Befragten überzeugt, dass die Friedensgespräche erfolglos bleiben.

Berlin

»UNRWA ist Teil des Problems«

Israels Botschafter Ron Prosor präsentiert Informationen zur engen Verbindung der Terrororganisation Hamas mit dem UN-Palästinenserhilfswerk

 28.03.2024

Halle / Frankfurt

DFB lässt proisraelisches Plakat bei Länderspiel abhängen

Plakat mit der Aufschrift »Bring them Home now« sei nicht genehmigt und entgegen UEFA-Regularien gewesen

 28.03.2024

Sachsen

Trotz antisemitischer Vorfälle: Leipziger Friedenspreis geht an »Handala«-Gruppierung

Die »pro-palästinensische Gruppierung« steht immer wieder wegen antisemitischer Vorfälle in der Kritik

 27.03.2024

Analyse

Allein

Der Jude unter den Staaten: Wie Israel von der Weltgemeinschaft verleumdet und im Stich gelassen wird

von Maria Ossowski  27.03.2024

Manchester Airport

Überlebende des 7. Oktober bei Einreise beschimpft

»Wir müssen sicherstellen, dass Sie hier nicht dasselbe tun wie in Gaza«, sagt ein Grenzbeamter zu den Israelis

von Imanuel Marcus  27.03.2024 Aktualisiert

USA/Israel

US-Verteidigungsminister empfängt israelischen Amtskollegen

»Wir den Kampf in Gaza nicht beenden, bevor wir alle Verschleppten nach Hause bringen«, erklärt Joav Gallant

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Berlin

Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Hochschulgesetz wird verschärft

Möglichkeit der Exmatrikulation wurde zuvor von Rot-Grün-Rot abgeschafft

 26.03.2024

Deutschland

Einbürgerungstests: Das sind die Fragen zu Israel und jüdischem Leben

»Wer unsere Werte nicht teilt, kann keinen deutschen Pass bekommen«, sagt Innenministerin Faeser

 26.03.2024