Rückblende

1954: Deutsche Juden gegen DPs

Große Synagoge Augsburg Foto: dpa

Neben den wenigen deutsch-jüdischen Überlebenden hielten sich nach 1945 wesentlich mehr Überlebende aus Osteuropa, vor allem aus Polen, in der amerikanischen Besatzungszone auf. Hier stellten sie auch nach der Abwanderung der meisten DPs um 1950 die große Mehrheit. Viele deutsche Juden fürchteten nun, dass die »Ostjuden« die Gemeinden dominieren und damit auch den liberalen Vorkriegsritus durch den in Polen üblichen orthodoxen Ritus ablösen würden.

In den meisten Gemeinden, etwa in München und Stuttgart, wurde der anfängliche Konflikt sehr bald gelöst, indem man auch den nichtdeutschen Staatsangehörigen gleiche Rechte einräumte. Andernorts allerdings zogen die Querelen sich bis in die Mitte der 50er-Jahre hin. In Augsburg etwa versuchten die 32 deutschen Juden den 60 nichtdeutschen Staatsangehörigen die Mitgliedschaft in der Gemeinde zu verweigern. Eine Intervention des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern blieb erfolglos. Schließlich musste ein deutsches Gericht entscheiden, dass auch nichtdeutschen Gemeindemitgliedern das Wahlrecht zustand.

wahlrecht Ähnlich in Hannover, wo neben der Jüdischen Gemeinde noch ein Jahrzehnt nach Kriegsende das aus Displaced Persons bestehende »Jewish Committee« bestand. Um zu verhindern, dass es nach einer Integration der beiden Organisationen zu einer Dominierung durch die DPs kommen würde, verabschiedete die Gemeinde noch im Februar 1954 eine Satzung, der zufolge der gesamte Vorstand und drei Viertel der Mitglieder der Repräsentanz bereits vor 1945 einer Jüdischen Gemeinde in Deutschland hatten angehören müssen. Erst ein Jahr später kam es zur Verschmelzung der beiden jüdischen Gruppierungen und zu einer demokratischen Verfassung.

Die Konflikte zwischen deutschen Juden und »Ostjuden« zeigen die in mancher Hinsicht bestehenden Kontinuitäten der Zeit vor und nach 1945 auf. Bereits in der Weimarer Republik hatte es ganz ähnliche Auseinandersetzungen in den Gemeinden gegeben, in denen der Zustrom aus dem Osten besonders groß war. Dies war insbesondere in Sachsen der Fall, wo die Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit in der Minderheit waren. Hier wurde ein Wahlsystem praktiziert, das an die Apartheidpolitik in Südafrika erinnerte: Einer Minderheit von deutsch-jüdischen Wählern wurde die Mehrheit der Repräsentantensitze garantiert. Auch damals hatte Hannover übrigens eine besonders diskriminierende Gemeindeordnung. Sie schloss nichtdeutsche Staatsbürger ganz von der Mitgliedschaft aus.

Berlin

JSUD fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Teheran

»Ohne den Iran hätte der 7. Oktober nicht passieren können«, sagt die Vorsitzende Hanna Veiler

 25.04.2024

Virginia

Biden: »Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich«

US-Präsident Biden verurteilt antiisraelische Proteste an Universitäten

 25.04.2024

Terror

Argentinien schreibt Irans Innenminister zur Fahndung aus

Er war offenbar 1994 an dem Bombenanschlag 1994 auf das jüdische Gemeindezentrum Amia beteiligt

 25.04.2024

Oranienburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Gedenkstätte Sachsenhausen

»Geschichtsrevisionistische Tabubrüche und Grenzverschiebungen von rechts« werden registriert

 25.04.2024

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024