Bibliophil

Oma und die »Affenkacker«

Ein Hund als Nerzstola Foto: Büchergilde Gutenberg

Bücher für Bibliophile herauszugeben, auf diese Idee kam Armin Abmeier vor mehr 20 Jahren. Seit 1991 erscheint seine Reihe »Tolle Hefte«, die Literatur mit Illustration verbindet. Das neueste Heft kommt aus Israel. Frostbeulen hat Merav Salomon ihr Stück Familiengeschichte betitelt.

Die bekannte Illustratorin und Professorin an der Jerusalemer Bezalel-Kunstakademie erzählt von ihrer Großmutter Dorothea. Diese konnte dem Tod in Nazi-Deutschland entkommen und in Tel Aviv ein neues Leben aufbauen. Anekdotenhaft nähert sich Salomon der Großmutter, berichtet von Benimmregeln, die sie von ihr gelernt hat, und von kleinen Marotten wie dem Nachmittagszigarettchen. »Affenkacker«, »Mäusedreck« und »Schimpansendreck« lauteten Oma Dorotheas Kosenamen für ihre Enkel.

skurril Dem Text sind skurrile Illustrationen lose gegenübergestellt. Da baumelt ein Hund wie eine Nerzstola um Großmutters Hals, ein geschmückter Weihnachtsbaum wächst ihr auf einem anderen Bild aus dem Kopf. Eine nackte, wie ein Nutztier mittels Schnittmuster vermessene Frau lässt den Betrachter frösteln, während der gezeichnete Wandel der weiblichen Frisurenmode belustigt.

In komischen und nachdenklichen Szenen voll Schönheit und Weh fügen sich Text und Illustrationen zum berührenden Mosaik. Frostbeulen ist tatsächlich ein tolles Heft und, dem Titel zum Trotz, ein warmherziges Andenken an einen Menschen, der als liebevolle, leicht kauzige Großmutter die Kindheit der Künstlerin Salomons stark beeinflusst haben muss.

Merav Salomon: »Frostbeulen«. Übersetzt von Adina Stern. Mit vierfarbigen Original-Flachdruckgrafiken und einer Beilage. Limitierte Auflage. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M. 2012, 32 S., 16,90 €

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  21.04.2024