Neulich beim Kiddusch

Koscher Klopapier

Von der Rolle: frei von Hefepilzen, koscher le-Pessach Foto: imago

Zu diesem Kiddusch in der kleinen, sehr observanten Gemeinde kam nur das Allerfeinste auf den Tisch. Mein Bekannter Mark übernahm die Kosten. Vor knapp zehn Jahren hatte er in die Gemeinde eingeheiratet und schnell erkannt, wo es langging. So wurde die Gemeinde rasch zu einem Pfeiler seines Reichtums.

Freilich hatte mir Mark nicht selbst verraten, wie er das angestellt hatte, sondern es wurde mir zugetragen. Man sagte mir, Mark habe investiert. In 10.000 Rollen Toilettenpapier. Bei einem Besuch in Israel hatte er erlebt, dass das Papier im Hotel knapp war. Und weil es ihm peinlich war, an der Rezeption ständig nach neuem zu betteln, ging er in den Supermarkt und kaufte sich welches. Weil bald Pessach war, sah er, dass überall Schilder aufgeklebt waren, auf denen »Koscher für Pessach« stand.

Investition Da kam ihm die zündende Idee. Er kaufte eine Packung Toilettenpapier und ging damit in seine Jeschiwa zu Rabbi Mizrachi. »Rabbi, ist das Papier denn auch koscher?« Der lachte. »Das will ich schwer hoffen. Außerdem isst man es ja auch nur in den seltensten Fällen«, fügte er schmunzelnd hinzu. »Und was ist mit Pessach? Wie sieht es da aus?« Der Rabbi war überrascht. »An Pessach kann man das genauso benutzen wie an allen anderen Tagen.«

Mark war begeistert. »Können Sie es mir schriftlich geben, dass das Papier koscher ist, auch für Pessach?« Der Rabbi zögerte, willigte dann aber ein und schrieb formlos auf einen Zettel, dass das Papier koscher sei und seine Benutzung an Pessach unbedenklich.

Mit dem Zettel in der Tasche kaufte Mark 10.000 Rollen davon und ließ sie in seine Heimat liefern. Dort lagerte er sie ein Jahr lang ein. Kurz vor Pessach wandte er sich an den Rabbiner seiner Gemeinde. Er habe gehört, es gäbe da ein neues Verfahren zur Einsparung von Energie und Wasser bei der Herstellung von Toilettenpapier. Dabei würde ein Gärungsprozess unter Einwirkung von Hefepilzen stattfinden. Er habe das Verfahren nicht verstanden, aber sei es nicht problematisch angesichts des Gebots, nichts Gesäuertes im Hause zu haben?

Verunsichert Natürlich fragte er das beim Kiddusch am vollbesetzten Tisch. Schnell steckten die anderen Beter die Köpfe zusammen. Der Rabbi wusste nichts von dem neuen Verfahren und war verunsichert. Gewiss müsse man auf Nummer sicher gehen, sagte er. Aber es sei schwer, sich so kurz vor Pessach eingehend zu informieren.

Am Sonntag, noch bevor der Rabbi zum Telefonhörer greifen konnte, um sich kundig zu machen, präsentierte Mark der verunsicherten Gemeinde bereits sein Papier mitsamt der Unbedenklichkeitsbescheinigung von Rabbiner Mizrachi. Es dauerte keine zwei Tage, da hatte er seinen Bestand verkauft – für fünf Euro die Rolle. Der Einkaufspreis hatte bei etwa 25 Cent gelegen. Ein satter Gewinn also. Mark musste sogar nachordern für andere Gemeinden. Leider ist der Trick nicht wiederholbar, denn eine Woche später stand er in der Zeitung.

Tasria

Ein neuer Mensch

Die Tora lehrt, dass sich Krankheiten heilsam auf den Charakter auswirken können

von Yonatan Amrani  12.04.2024

Talmudisches

Der Gecko

Was die Weisen der Antike über das schuppige Kriechtier lehrten

von Chajm Guski  12.04.2024

Meinung

Pessach im Schatten des Krieges

Gedanken zum Fest der Freiheit von Rabbiner Noam Hertig

von Rabbiner Noam Hertig  11.04.2024

Pessach-Putz

Bis auf den letzten Krümel

Das Entfernen von Chametz wird für viele Familien zur Belastungsprobe. Dabei sollte man es sich nicht zu schwer machen

von Rabbiner Avraham Radbil  11.04.2024

Halacha

Die Aguna der Titanic

Am 14. April 1912 versanken mit dem berühmten Schiff auch jüdische Passagiere im eisigen Meer. Das Schicksal einer hinterbliebenen Frau bewegte einen Rabbiner zu einem außergewöhnlichen Psak

von Rabbiner Dovid Gernetz  11.04.2024

Berlin

Koscher Foodfestival bei Chabad

»Gerade jetzt ist es wichtig, das kulturelle Miteinander zu stärken«, betont Rabbiner Yehuda Teichtal

 07.04.2024

Schemini

Äußerst gespalten

Was die vier unkoscheren Tiere Kamel, Kaninchen, Hase und Schwein mit dem Exil des jüdischen Volkes zu tun haben

von Gabriel Rubinshteyn  05.04.2024

Talmudisches

Die Kraft der Natur

Was unsere Weisen über Heilkräuter lehren

von Rabbinerin Yael Deusel  05.04.2024

Sucht

Hör auf zu scrollen!

Wie kommen wir vom Handy los? Eine religiöse Sinnsuche

von Rabbiner David Kraus  05.04.2024